„Die Neugestaltung der Innenstadt Dresden“
Pläne des Dresdner Stadtplanungs- und Hochbauamtes von 1937 bis 1940

Thomas Kantschew  - Mai 2025
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Plan 1937
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Plan Herbst 1938



Juli 1938 – zweite Stufe
 


Plan Neugestaltung der Innenstadt Dresden vom 7. Juli 1938

„Plan für die Neugestaltung der Dresdner Innenstadt“ vom 7. Juli 1938
Stadtplan Dresden mit geplanten Durchbruchstraßen. Stadtplanungs- und Hochbauamt Dresden. Entwurf: Stadtbaurat Dr. Ing. Wolf, In: DBZ Heft 42 – Oktober 1938, Vergrößerung
Alle dick schwarz markierten Durchbruchstraßen-Ränder bedeuten Abriss von vorhandener Bebauung und Neubau!


Im weiteren Verlauf des Jahres 1938 wurde die Planung vom Stadtplanungs- und Hochbauamt Dresden unter Paul Wolf und Mitarbeitern modifiziert (33). Mutmaßlich war der Leiter des Dresdner Stadtplanungsamtes und Stadtbaudirektor Herbert Conert an der Ausarbeitung der Planung beteiligt. Im Vergleich der Pläne vom Dezember 1937 und Juli 1938 sind deutliche Veränderungen innerhalb eines halben Jahres zu verzeichnen.

Erste Priorität blieb das Gauforum (Wilhelm Kreis, Projekt NSDAP Sachsens) und die Aufmarschachse dorthin.
Ebenfalls geblieben ist der Durchbruch der Christianstraße zum Rathausplatz. Dieser zentrale Verkehrsplatz sollte allerdings nun deutlich vergrößert werden unter Abriss verschiedener Blöcke und einen pompösen Auftakt des Aufmarsches zum Gauforum bilden. Die Vermutung liegt nahe, dass Mutschmann mit der breiten Aufmarschachse auch einen dazu „passenden“ großen zentralen und im Sinn der neuen Machthaber repräsentativen Platz als Ausgangspunkt in Auftrag gab.

Auch in dieser Phase war eine komplette Neufassung des Wiener Platzes vor dem Hauptbahnhof vorgesehen. Eine Priorität hatte nach wie vor die lange aufgeschobene Altstadtsanierung am Fischhofplatz mit der breiten geschwungenen Durchbruchstraße durch die Wilsdruffer Vorstadt.
Der verbindende Scharnierplatz auf der Schweriner Straße wurde jetzt kantiger und exakt rechteckig gestaltet. Änderungen gab es mit dem Wegfall der konkaven und konvexen Schwingung zu den Gartenanlagen des Zwingerwalls bzw. zum Stiftsplatz, die nun rechte Winkel bilden sollten.
In der Verlängerung der Ringstraße und als Verbindung zur neuen Durchbruchkurve fügte Paul Wolf einen neuen großen Platz ein.

Der zweite neue Straßendurchbruch (parallellaufende Kurvenstraße) vom Hauptbahnhof zum Postplatz war als Zentrumsumfahrung unter Entlastung der bis dahin wichtigsten Hauptstraße gedacht: der viel zu engen Prager Straße (einschließlich Seestraße), jedoch noch ohne den später geplanten Komplettabbruch der Mittelbebauung des Rings.


Museumsviertel

Die Verbindung vom Hauptbahnhof zum geplanten Museumsviertel hinter dem Zwinger, Fritz Fichtner-Plan 1937, 1941 noch erweitert (34), sollte als direkte Durchbruchstraße führen. Diese neue Straße war nicht nur als Ergänzung der Geschäftscity gedacht, sondern auch für eine zügige Erreichbarkeit des historischen Bereichs, einschließlich neu strukturiertes Museumsangebot, u.a. mit neuen Museen für "Rassenkunde" und Vorgeschichte, Völkerkunde sowie ein "Heeresmuseum". Bauherr für das neue Museumsviertel wäre allerdings nicht die Stadt Dresden gewesen, sondern das Land Sachsen. Den Generalbebauungsplan für das Museumsviertel entwickelte 1937-40 der Leiter der sächsischen Hochbaudirektion Ministerialrat Ernst Dutzmann. Wie so oft in der Dresdner Stadtgeschichte mussten sich städtische und ansässige Landesbehörden miteinander in der Stadtplanung koordinieren.

Dresden sollte als Stadt des „Fremdenverkehrs“ innerhalb des „Großdeutschen Reiches“ eine viel größere Rolle spielen. Anfang Februar 1938 hatte der Ersatz-Oberbürgermeister Rudolf Kluge den Vorsitz im Dresdner Verkehrsverein übernommen und sah weitreichende Entwicklungspotentiale für Dresden als vermeintlicher „Mittelpunkt Großdeutschlands“ nach den Annexionen von Österreich (11.03.1938), des „Sudetenlandes“ und des tschechischen Teils der Tschechoslowakei dann im September 1938.

Der Fichtner-Plan für ein Museumsviertel hinter dem Zwinger war 1937 allerdings in keiner Weise eine neue Idee. Bereits in den späten 1920er Jahren waren Konzeptionen für ein neues Museumsviertel mit den Erweiterungsbauten für die Staatsoper, Gemäldegalerie und anderen Sammlungen von der Hochbaudirektion der Sächsischen Staatsregierung in Planung. (35)

Der koordinierende Architekt 1927 war Oskar Kramer. Er arbeitete 1934 bis 1936 in der Sächsischen Staatshochbauverwaltung, aber auch in dieser Zeit stockte erst einmal der erneute Anlauf, das Museumsviertel hinter dem Zwinger in Angriff zu nehmen. Im Juli 1938 folgte dann ein weiterer Versuch, der im Laufe des Jahres 1938 umfangreichere Konturen annahm.



Promenaden

Paul Wolf stellte sich diese neuen Durchbruchstraßen mit einem hohen Grünanteil in Form von Promenaden vor. Die bekannteste historische Straßenpromenade war in Dresden die barocke Hauptstraße in der Inneren Neustadt, wo genügend Platz für Autoverkehr, Straßenbahnen und Fußgänger bzw. Fahrradfahrer vorhanden war. In der DBZ hieß es im Oktober 1938:

Von größter Bedeutung aber ist der Plan für die Neugestaltung der Dresdner Innenstadt, der eine Reihe von Straßendurchbrüchen in Verbindung mit Promenaden vorsieht - auf Grundlage der historischen Gegebenheiten und diese sinngemäß weiter entwickelnd, bedeutsame Zukunftsmöglichkeiten eröffnet. (36)

Das Prinzip „Promenade“ meinte ein grüner Mittelstreifen, wie es der Kunsthistoriker und Städtebauer Cornelius Gurlitt schon in seinem einflussreichen Buch „Städtebau“ 1920 näher beschrieben hatte. (37)
Eine andere Dresdner Straße mit Spuren für Automobilverkehr, Tram und Mittelpromenade war in der Südvorstadt (TH-Viertel) ab 1899 umgesetzt worden.
Die Breite der Allee „Münchner Straße“ beträgt 40 Meter und galt als außerordentlich vorbildliche und moderne städtebauliche Anlage.


Innere Neustadt

Interessant ist, dass nun im Juli 1938 eine Ausdehnung des Planungsgebietes auf die Innere Neustadt erfolgt, allerdings ohne konkrete und fett markierte Änderungsabsichten wie Straßendurchbrüche oder -erweiterungen. Die oft vernachlässigte Neustadt wird in dieser Planungsphase zwar in den Plan zur Neugestaltung der Innenstadt einbezogen, soll aber nicht mit neuen, pompösen Achsen durchzogen werden.


  33)  Paul Wolf: Historische Stadtform und künftige Gestaltung der Stadt Dresden. Zur Jahrestagung der Deutschen Akademie für Städtebau-, Reichs- und Landesplanung vom 20.-23. Oktober 1938, In: Deutsche Bauzeitung DBZ, Heft 42, 19.10.1938

34)  Fritz Fichtner: Denkschrift zum Museumsneubau in Dresden (Gesamtkonzeption für einen erweiterten „Museumsgürtel“, 1937, modifiziert 1941), Archiv der SKD, NL Posse 51. Zu Fritz Fichtner als damaliger Referent für die Staatlichen Sammlungen für Kunst und Wissenschaft im Sächsischen Ministerium für Volksbildung. Infos: https://saebi.isgv.de/biografie/Fritz_Fichtner_(1890-1969)

35)  Sächsische Volkszeitung,19.01.1927, Großzügige Museumspläne in Dresden. Eine Denkschrift der Staatsregierung – Eine Museumsstadt um den Zwinger.

36)  Deutsche Bauzeitung DBZ, Heft 42, 19.10.1938

37)  Cornelius Gurlitt: Handbuch des Städtebaus, Berlin 1920


   


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Einleitung
Pläne 1920er Jahre, 1934, Gauforum 1937

Plan 1937
Erste Stufe
Plan Juli 1938 
Zweite Stufe
Plan Herbst 1938
Dritte Stufe
Umgestaltungspläne an Plätzen.
Einzelprojekte Teil 1
Umgestaltungspläne an Plätzen.
Einzelprojekte Teil 2
Verkehrsaspekte "Großstadtgesundung"
und "Rassenhygiene"
Mutschmannplan 1939
"Neugestaltungsstadt"
Vierte Stufe
Plan 1940
Fünfte Stufe
Finanzierung und kritische Stimmen  1946, Conert-Plan
„Vorentwurf für die Neugestaltung der Innenstadt Dresden“
Fazit Quellen- und Literatur