Pläne des Dresdner
Stadtplanungs- und Hochbauamtes von 1937 bis 1940
Thomas Kantschew - Mai 2025 |
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Fazit Zusammenfassend lässt sich Folgendes festhalten. Zur Beantwortung der eingangs aufgeworfenen Fragen kristallisieren sich für die Planungen zur Neugestaltung der Dresdner Innenstadt 1937 - 1940 vier unterschiedliche Einflussfaktoren heraus. Hauptschwerpunkte der Neugestaltungspläne für die Innenstadt Dresden 1937 - 1940 vom Dresdner Stadtplanungs- und Hochbauamt |
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Machtdemonstration des neuen Reiches nach der Zerschlagung der Republik. Ausgangspunkt und zentraler Bezugspunkt war die Schaffung eines neuen politischen Zentrums als Gauforum. Von diesem ausgehend sollten breitere Straßen und weite Plätze mehr „Raum“ bieten. In der Propaganda wurde von mehr „Lebensraum“ gesprochen, von Ausbreitung und Expansion, die sich auch im neuen Städtebau des „dritten Reiches“ widerspiegeln sollte. |
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Verbesserung des überlasteten Verkehrsstraßennetzes, Ausbaus einer
autozentrierten Innenstadt mit Durchbruchstraßen und
Altstadtkern-Umfahrung; dazu geplante Parkplätze, Schnellstraßen und
Autobahnanbindung. Die Reichsstraße 170 diente in der Planung ab Ende 1939
auch dem Ferndurchgangsverkehr durch die Innenstadt. Insgesamt kennzeichnen die Pläne den Beginn des Umbaus der historischen Innenstadt Dresden zur autogerechten Stadt im 20. Jahrhundert. |
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3) |
Angestrebt war 1938 ein Komplettumbau an allen relevanten
Verkehrskreuzungen und markanten Plätzen im Zentrum (mehrheitlich
außerhalb der innersten historischen Altstadt) mit geschlossenen
Baufigurationen in einheitlicher Höhe, von einzelnen Hochpunkten
abgesehen. Sowohl repräsentative Gründerzeitbauten als auch „Elendsviertel“ der Gründerjahre des wilhelminischen Kaiserreiches sollten abgerissen werden und mit NS-Architektur ersetzt werden. Die anfangs geplante „Altstadtsanierung“, u.a. mit Vorstadtbebauung aus dem 18. Jahrhundert, verlor 1939 weitestgehend an Bedeutung. |
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„Großstadtgesundung“, stadthygienische Maßnahmen und Altstadtsanierungen
standen im Zusammenhang mit der Politik der NS-"Rassenhygiene", so z.B. mit
der Verdrängung bzw. „Umsiedlung“ von aus der „Volksgemeinschaft“
ausgeschlossener Gruppen. Ein Modernisierungsprozess durch Altstadt-Überschreibung in der westlichen Altstadt war bereits in den späten 1920er Jahren geplant. |
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Die Umsetzung dieser Neugestaltungspläne für die
Dresdner Innenstadt war als längerfristiges Projekt gedacht. Als
nationalsozialistisches Zukunftsprogramm beinhalteten die
Planungen verschiedene Prioritätsstufen mit komplexen, sich zum Teil
ändernden Zielsetzungen. Oberste und erste Priorität war jedoch immer die
Planung eines neuen „Adolf-Hitler-Platzes“, später als „Gauforum“
bezeichnet, als alles beherrschende Machtzentrale der NSDAP. Das Gesetz über die Neugestaltung deutscher Städte 1937 ermöglichte die massiven Eingriffe mit Durchbruchstraßen und Altstadtmodernisierungen mittels Enteignungen oder Verkauf. Wie sich später herausstellte, war der eingeplante Finanzierungsteil für die „Neugestaltungsstadt“ Dresden seitens des Staates eine Fehlannahme. Die neue Deutsche Gemeindeordnung von 1935 entmachtete die kommunale Autonomie des Dresdner Stadtrates und nahm den Beigeordneten bzw. Ratsherren dadurch ein Großteil an Mitgestaltungsmöglichkeit gegenüber der übergroßen politischen Macht des Oberbürgermeisters, auch in Bezug auf die gewaltigen „Modernisierungen“ der Innenstadt. Von Bürgerbeteiligung ist nicht im Ansatz die Rede. Als Akteure sind zu nennen: von kommunaler Seite zuerst Paul Wolf als Leiter des Dresdner Stadtplanungs- und Hochbauamtes sowohl in der Weimarer Zeit als auch in der Zeit von 1933 bis Februar 1945 und Herbert Conert als Leiter des Stadtplanungsamtes seit 1932. Paul Wolfs Funktion als Vizepräsident der "Deutschen Akademie für Städtebau, Reichs- und Landesplanung" war im Planungsprozess zusätzlich ein dominierender Faktor. Als Bauherren der städtischen Maßnahmen fungierten: die zwei Dresdner Oberbürgermeister Zörner und Nielandt und vor allem der Ersatzbürgermeister Kluge, der auf Paul Wolfs Neugestaltungspläne entscheidenden Einfluss nahm bzw. sie initiierte. Darüber hinaus spielte, was die Planung des Gauforums angeht, der sächsische Gauleiter Mutschmann eine maßgebliche Rolle sowie der eingesetzte Architekt: Wilhelm Kreis. Albert Speer von der Generalbauinspektion in Berlin waren alle Gauforumpläne vorzulegen. Eine konkurrierende Planung für einen Stadtumbau stammte 1940 von Oberregierungsbaurat Heinrich Koch. Der genaue Anteil an der Plankonzeption ab 1939 vom Leiter der Durchführungsstelle Martin Hammitzsch bleibt vage. Zu nennen ist schlussendlich auch der Leiter des Referates der gesamten Kunstpflege im damaligen Sächsischen Ministerium für Volksbildung Fritz Fichtner, der im Sinne einer NS-Landesbehörde in die Neugestaltungsplanung Innenstadt beim geplanten Museumsviertel eingriff. Wichtige Aspekte in Paul Wolfs „Neugestaltungsplan Innenstadt“ von 1938 wurden in den Nachkriegsplanungen 1946 von Herbert Conert, als Stadtbaurat Nachfolger von Wolf, einbezogen. Sowohl in den Überlegungen u. Wettbewerben der 1950er Jahre, als auch dann in der Umsetzung der 1960er Jahre griffen Stadtplaner (u.a. Kurt W. Leucht) auf Elemente der Neugestaltungspläne während der NS-Zeit zurück. Das trifft vor allem auf die Herausbildung der wichtigsten innerstädtischen Verkehrsschneise vom Hauptbahnhof bis zum Albertplatz zu. Ausblick Mit der aktuellen europaweiten Modifizierung der „autogerechten Stadt“ und der Hinwendung zu mehr ÖPNV, mehr öffentlichen Räumen, mehr innerstädtischem Grün, mehr Radwegen, mehr „kurzen Wegen“ und Funktionsmischung lohnt sich auch ein Blick auf die Anfänge der „autogerechten Stadt“ Ende der 1930er Jahre. Vor allem in der NS-Zeit sollte die Dresdner Innenstadt für den automobilen Verkehr der Zukunft umgebaut werden. Neunzig Jahre später stößt diese Entwicklung des stetig wachsenden Autoverkehrs an ihre Grenzen. Besonders nach dem Einsturz der Carolabrücke und einer angestrebten Neubewertung der Nord-Süd-Verkehrsachse ist die Auseinandersetzung mit der Entstehung dieser Achse von großer Bedeutung. Der Weg in den anstehenden Stadtumbau wird jedoch in Zeiten angespannter Haushaltslage eine langfristige Zukunftsaufgabe sein, bei der es um die Balance zwischen den verkehrlichen Anforderungen und nutzbaren Räumen für die Bewohner der Stadt Dresden gehen wird. ![]() Dresden: Blick auf die Petersburger Straße (zu DDR-Zeiten Leningrader Straße, geplant 1938 als Durchbruch der Christianstraße) und auf den Georg"platz" sowie auf den Rathausplatz, Foto: Thomas Kantschew, 12. Februar 2025, Vergrößerung |
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Einleitung Pläne 1920er Jahre, 1934, Gauforum 1937 |
Plan 1937 Erste Stufe |
Plan Juli 1938
Zweite Stufe |
Plan
Herbst 1938 Dritte Stufe |
Umgestaltungspläne an Plätzen.
Einzelprojekte Teil 1 |
Umgestaltungspläne an Plätzen. Einzelprojekte Teil 2 |
Verkehrsaspekte |
"Großstadtgesundung"
und "Rassenhygiene" |
Mutschmannplan 1939 "Neugestaltungsstadt" Vierte Stufe |
Plan 1940 Fünfte Stufe |
Finanzierung und kritische Stimmen | 1946, Conert-Plan „Vorentwurf für die Neugestaltung der Innenstadt Dresden“ |
Fazit |
Quellen- und Literatur |
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