Prager Straße / Bauten von 1963- 1970
Nicht sächsisch, nicht DDR-deutsch, nicht osteuropäisch - sondern International

 

Städtebau:   Kurt W. Leucht, Peter Sniegon,
Kurt Röthig, Hans Konrad

Architekten: Manfred Arlt, Joachim Näther, Günther Gruner, Joseph Kaiser, Peter Schramm (u.a.)
Pavillonbauten:   Gerhard Landgraf, Martin Gersdorf, Ingeborg Suschke
Freiraum-
planung:
 
Joseph Pietsch und Siegmar Kaßberg (bis 1972)
Bauzeit:   1965 - 70
Adresse: Prager Straße, Leningrader Straße,  Wiener Platz
Brunnen:   Leonie Wirth, Karl Bergemann
Umbau: _ 2003 - 2004
Stadtbildrahmenplanung/ Umbau & Erweiterung Ladenzeile und neue Freiflächengestaltung: Siegbert L. Hatzfeldt -
unter Planungsvorgaben aus dem Stadtplanungsamt Dresden (damalige Leitung: Gunter Just)


Die Prager
Straße verbindet das Stadtzentrum mit dem südlich gelegenen Hauptbahnhof. Im II. Weltkrieg wurde sie teilzerstört. Mehrere Gebäude wären durchaus aufbaufähig gewesen, wie z.B. das Geschäftshaus Prager Straße 43 (Landwirtschaftlicher Kreditverein) von 1901, die gründer- zeitlichen Hotels Excelsior und "Deutscher Hof" oder das benachbarte Bürogebäude Prager Str. 47 im neusachlichen Stil aus den Frühdreißigern (Foto: Nov. 1946). Doch der politische Wille entschied sich für einen Totalabriss und dadurch für eine großzügige Verbreiterung der Prager Straße (siehe Foto rechts oben). Die späte Ulbricht-Ära wollte damit ihre veränderten kulturellen Ideale mit hohem Selbstbewusstsein und einem kompromisslosen Neuanfang zur Geltung bringen. Das Thema "Nation" spielte nach dem Mauerbau nun keine Rolle mehr. Stattdessen kreierte das Architekturkollektiv und mit ihnen Künstler, Gesellschafts-wissenschaftler und -utopisten einen Freibühnenraum für die entwickelte sozialistische Gesellschaft, was immer sich aus diesem abstrakten Begriff ableiten ließ. Das Einzelindividuum trat zugunsten der kollektiven Masse Mensch zurück und wurde planvoll in Großgaststätten, Großläden und in einem 1000-Platz-Kino mehr notdürftig versorgt, als individuell befriedigt. Dennoch die Qualität des großzügig geschaffenen Freiraums als besondere Erlebniszone war und ist ein Versprechen.

Funktional dienten die drei Interhotels besonders dem wachsenden Tourismus - aus dem In- und RGW-Ausland.  Das exklusive Hotel "Newa" war für westliche Touristen aus dem NSW (nicht sozialistisches Ausland) und Staatsgästen vorbehalten.

Die Neugestaltung der Prager Straße erfolgte auf Grundlage eines Wettbewerbes 1962. 38 Architekten und -kollektive aus allen Regionen der DDR nahmen daran teil. Als Vorbild diente die Fußgängerzone "Lijnbaan" in Rotterdam (Bakema & van den Broek, 1952-54), aber auch die neue Hauptstadt Brasilia (1956-60) mit ihren großzügigen weiten Freiräumen. Das Wettbewerbsareal umfasste den gesamten Raum zwischen Ring und Hauptbahnhof, einschließlich des bis heute unbebauten Gebietes am Georgplatz gegenüber dem Rathaus.

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Den Auftakt (vom Hbf. aus) bildet ein 14geschossiges Scheibenhochhaus, 1968-70 als Interhotel Newa nach Plänen von C.Kayser, H.Klötzel und B.Tellmann errichtet. Vier Punkthochhäuser mit je 240 Wohneinheiten, angeordnet als Kreissegment am Bahnhofsvorplatz sollten eine Torsituation schaffen, die man stadträumlich allerdings kaum wahrnimmt.
Die Begrenzung der Ostseite der Fußgängermagistrale bildet eine 240 m lange, 12 geschossige Wohnzeile mit z.T. farbiger Akzentuierung. Ihre Projektierung erfolgte unter Leitung von M. Arlt. Vor der "Wohnmaschine" befinden sich Pavillons mit Verkaufsräumen. Diese standen ursprünglich durch Pergola-Gänge miteinander in Verbindung und wurden 1995 für ein Glashaus (Breuninger) bzw. 2006/ 07 für eine Spielbank abgerissen - jedoch in gleicher Kubatur neu erbaut. Die Versorgung erfolgt - sehr modern - als unterirdische Warenanlieferung.

Auf der westlichen Seite der Prager Straße erhebt sich ein Hotelkomplex, bestehend aus den Hotels "Bastei", "König-stein" und "Lilienstein", die ebenfalls durch pergolaartige Laubengänge in Verbindung standen (2004 z.T. entfernt). EG und 1. OG sind Stahlbetonkonstruktionen, die anderen neun OG wurden in Großplattenbauweise errichtet.
Der großräumige Fußgängerbereich entstand 1967-72 nach Plänen der Landschaftsarchitekten J. Pietsch und S. Kaßberg. Sein geradliniger Verlauf ohne Unterbrechung von Querstraßen stellt einen Bruch der städtebaulichen Tradition dar. Eine Gliederung der Straße erfolgte durch quergestellte Becken mit Wasserspielen (Schalen- und Kugelbrunnen von Frau Leoni Wirth). Im Anschluss an die Wohnbebauung der Ostseite befindet sich der architektonisch anspruchsvollste Bau: das Rundkino.
(Text aus: Architekturführer Dresden 1997)

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Internationalismus - Traum von Weltgemeinschaft

Den Abschluss bildete das ehem. Centrum Warenhaus sowie der ehemalige Restaurantkomplex "International"
, einer sozialistischen Großgaststätte, die vom Namen her bereits auf den internationalen Anspruch dieser Architektur im "International Style" der globalisierten Moderne aufmerksam machen sollte. Der historisierende Baustil der 1950er Jahre, die als "Nationale Tradition" nach eigenen (sozialistisch-) deutschen architektonischen Lösungen suchte, fand mit diesem der westlichen Entwicklung angepassten Architektur ein Ende. Hinzu kamen die damaligen Ideen und Ideale der 1960er von Internationalismus und der Vision eines sozialistischen Weltbürgertums, welches über die Grenzen der Nationen und Kontinente hinweg eine neue Zivilisation mit einer einheitlichen internationalen Kultur begründet. In den Ohren der DDR-Bürger klang jedoch das Wort "international" wie bitterer Hohn, empfand man doch angesichts Stacheldraht und Mauer die unablässig dröhnende DDR-Propaganda von einer fiktiven, abstrakten internationalen Gemeinschaft zynisch und verlogen.
Die Prager Straße: in Zukunft könnte diese Straße aus einem verantwortungsvollen Bewusstsein einer regionalen und nationalen Herkunft eine wirklich aufgeschlossene Offenheit gegenüber einer kosmopolitischen Kultur
entwickeln. Sie wäre dann ein wichtiges Bindeglied zwischen Bahnhof und Altstadt und verbände die Welt mit dem konkreten Ort.

Im Bild rechts: Reminiszenz an Petersburg - Patchwork aus Mosaiksteinen am Hotel Newa (so heißt der Fluss durch die alte Zarenhauptstadt - nach der Wende von der Mercure-Hotelkette übernommen).
Darunter: Während das Wandbild vom Selbstbedienungsgastronom "Dresden grüßt seine Gäste" unter Denkmalschutz gestellt wurde,
konnte das markante Faltdach und die Beton-Lamellenfassade bei einer "Sanierung" 2005 komplett einer nichtssagenden Glasarchitektur weichen.


Seit 2004 völlig zugebaut und entstellt: Restaurant "Bastei", Foto 1975 SLUB. Kein gefaltetes Dach, keine eleganten Betonlamellen, sondern banale Verglasung. Zum Vergleich: Modell mit anderem Wandbild:
www.deutschefotothek.de 1962



Herausragende Raumschöpfung des 20. Jahrhunderts

Die Prager Straße war einer der ersten Fußgängerzonen (Ost-) Deutschlands (Webergasse Dresden 1958-62, Kassel "Treppenstraße" 1953). Als Reaktion auf den rasanten Anstieg des individuellen Automobilverkehr sowohl im Wirtschaftswunder-Westdeutschland als auch in der kurzen Blüte der Ost-Planwirtschaft bildeten diese autofreien Stadträume im Deutschland des 20. Jahrhunderts eine kleine Ruhezone städtischer Öffentlichkeit. Gerade die Prager Straße in Dresden war in der Planung von allen Himmelsrichtungen umspült vom maßlos uneingeschränkten Großstadtverkehr, in deren Mitte sich quasi eine Insel der Seligen erhob, die ganz klar zu Lasten der direkten städtischen Umgebung inszeniert wurde.


Die Prager Straße in Dresden ist typisch für bandartige Platzgebilde in gestufter Raumfolge, die gleichermaßen in der Bundesrepublik wie in der DDR (z.B. Halle Neustadt, Cottbus), wenn auch nicht mehr so großzügig, errichtet worden waren. Sie gilt in Fachkreisen zunehmend als ein herausragendes städtebauliches Ensemble der 1990 beendeten Nachkriegszeit. Der Münchner Architekt Stefan Braunfels:
"Hier ist einer der besten Stadträume nicht nur der Nachkriegsmoderne, sondern des 20. Jahrhunderts geschaffen worden."

Allerdings ist der Umgestaltungsdruck auf dieses für Dresden identitätsstiftende Ensemble enorm:


Unglaubliche Arroganz - Künstlerin wehrt sich gegen die Verstümmelung ihres Pusteblumen-Brunnens

2004 erfolgte eine komplette Erneuerung des durch die große Flutkatastrophe geschädigten Bodenbelages. Dabei wurden die Brunnen, die typischen, rechteckigen 70er Jahre Hochbeete und Rasenflächen durch neue Baumreihen und einen schmalen Wasserstreifen ersetzt. Ein winziger Teil des äußerst beliebten Pusteblumen-Brunnen ist als einziges Relikt in die neue Umgestaltung integriert worden, wirkt aber nun in dem zu kleinen Becken lächerlich mickrig und in keiner Weise angemessen proportional zu den monumentalen Bauwerken. Ein Riesenverlust für diesen Stadtraum! Die ehemalige Künstlerin der vormaligen drei Brunnen, Leonie Wirth, hatte zu Recht Klage bei der
Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst in Bonn gegen die Verstümmelung ihres Brunnens eingereicht.

2020 wurde der Schalenbrunnen mit Originalteilen an anderer Stelle (Dippoldiswalder Platz) im Zusammenhang mit der Anlage einer Promenade neu aufgestellt. Foto 2021 TK


Freiraumplanung

Ursache für die respektlose Umgestaltung ist das Bemühen, die neue Wegeführung durch die Zuschnürung der Prager Straße im nördlichen und südlichen Bereich klarer hervorzuheben. Es soll ein sogenannter "Prager Platz" entstehen, um den einst als zu weiträumig empfundenen Freiraum einzugrenzen.
Leider wurde durch das Fällen der über 30 Jahre alten Rotkastanien die städtebauliche Gesamtkomposition der einstigen Urheber des so gepriesenen Stadtraums der Moderne zerstört. Gerade jedoch jene rhythmische Gliederung des großzügigen
Freiraums Prager Straße, einem Höhepunkt des Städtebaus der DDR-Nachkriegsmoderne, in Form der Baumpflanzungen und der drei rechteckigen Brunnenanlagen verlieh der Fußgängerzone ihre eigene Charakteristik. Sie zu beseitigen käme einer Entfernung der Brunnenanlage vor der Berliner Kongresshalle ("Schwangere Auster") von 1958 im Bezirk Tiergarten gleich. Ein Riesenaufschrei würde durch die deutsche Öffentlichkeit gehen. In Dresden lässt man diese Barbarei von Seiten der Oberen Denkmalpflege bestätigen.

Zur Missachtung der Integrität des Ensembles Prager Straße führten zusätzlich auch kommerzielle Erwägungen der anzustrebenden Umwandlung in eine Geschäftsstraße, die sich u.a. 1998 im Wettbewerbsergebnis zur Umgestaltung der Prager Straße und Seevorstadt West widerspiegelten: 1.Preis Architekturbüro Trojan und Trojan (Köln) - in der Ägide des Baudezernenten Gunter Just.

Kein (Teil-) Denkmalpflegestatus für die Prager Straße

Obwohl nun bereits Geschichte, aber: Brunnen, Wohnscheibe, Interhotels und Hotelgärten bildeten eine zusammengehörende städtebauliche Einheit! Diese empörende Ignoranz gegenüber den städtebaulichen Leistungen von Ostdeutschland und der damaligen differenzierten Freiraumplanung ist scharf zu kritisieren.

Einzig die Metallplastik "Völkerfreundschaft" mit tiefer symbolischer Bedeutung für Dresden wurde nach eingehender Restaurierung wieder aufgestellt.

Nun, nachdem Fakten geschaffen wurden, erkennen viele mit Schrecken, dass es ein großer Fehler war, die Prager Straße nicht rechtzeitig, wenigstens in Teilen, unter Denkmalschutz zu stellen. Der damalige sächsische Landeskonservator Gerhard Glaser billigte 1994 in Chemnitz der Straße der Nationen Denkmalwürdigkeit zu. Dresdens Vorzeigestraße der 60er-Jahre Moderne dagegen blieb dieser Schutz versagt. (1)
Nach wenigen Jahren wird fast nichts mehr von der ehemaligen schlüssigen Gesamtkonzeption, einschließlich Lichtdesign des Freiraums, übrig bleiben (Vgl. Freiraumplanung Modell 1970). Im Juli 2005 wurden gerade die charakteristischen Laubengänge mit den umlaufenden Leuchtbändern um das Kaufhaus Breuninger abgerissen. Darüber hinaus entfernte man in einer "Sanierung" alle markanten Betonlamellen am ehem. Selbstbedienungsrestaurant am südl. Ende der Straße. Davor wurde völlig unsensibel für Raumproportionen ein belangloser Neubau gestellt. Mit weiteren Entstellungen der Originalsubstanz ist zu rechnen.

Gerade die Lichtgestaltung sollte nicht, wie jetzt, eine Linearität vorgeben, sondern "den plastisch-räumlichen Eindruck der einzelnen Ensembles" wirksam unterstreichen. (DA 17/ 1968)

Wie viel Protest (bzw. Sensibilität) sich in anderen Städten im Umgang mit Höhepunkten der Nachkriegsarchitektur regt, kann man gerade in Berlin am Beispiel der Planungen für die Umgestaltung des Kulturforums erkennen. (Siehe www.scharoun-gesellschaft.de , https://hansaviertel.berlin



Originaler Laubengang von 1969 mit Leucht-
bändern während der Abrissarbeiten (Juli 2005)
Ebenfalls damals noch im Original erhaltenes
Streifenplattenmuster. Foto: 2005 TK



Mehr Abrieglung als vor 1989

Einer der atmosphärisch intimen Hotelgärten mit Pergolen, Bronzekunstwerken und Staudenbeeten ist bereits durch maßstablose Erweiterung der schmalen Ladenzeile dem Kommerz geopfert worden. Gerade jedoch dieser Wechsel von großstädtischem Trubel vorn und Zurückgezogenheit in grünen Ruheoasen zwischen den Hotelscheiben gab der ganzen Anlage ihre ganz eigene Ausstrahlung. (In Rotterdams
Lijnbaan sind diese Gärten selbstverständlich noch immer erhalten.) Der Abriss des letzten, öffentlichen Gartens ist unbedingt zu verhindern, obwohl er nun mittlerweile durch eine fast 100% Abriegelung gar nicht mehr erreichbar ist. Er ist zudem dringend denkmalpflegerisch mit Sorgfalt zu sanieren! 2015 wurde die baufällige Betonpergola komplett abgerissen und mit Sicherheitszäunen abgeschlossen. Die Stadtverwaltung hat nun (2021) endlich reagiert und will die Sanierung des verwahrlosten  Hotelgartens in Angriff nehmen. Entwurfsplanung

Außerordentlich bedauerlich ist auch das Zubauen des ehem. Selbstbedienungsrestaurants vor dem Hotel Bastei und damit ein Verstellen des Wandbildes "Dresden, die Stadt der modernen sozialistischen Industrie, der Wissenschaft und der Kunst grüßt seine Gäste" von Sillack und Lipowski. Damit ist eine der zentralen künstlerischen Gesten quasi aus dem sichtbaren öffentlichen Raum verschwunden.
Die plump monströse Lenin- Thälmannstatue, 1974 von Grigorji Jastrebenezki, ist wohl entbehrlich.


Geometrische Strenge statt sprudelnder Verspieltheit

Der neuen Gestaltung mit den schlanken Stableuchten kann man eine gewisse Eleganz nicht absprechen. Sie wirkt aber nun zusätzlich in ihrer eindeutigen Nord-Südausrichtung, ohne querende "Barrieren" (Wasserspiele, Beete) wie ein ziehender Sog Richtung Altstadt, ohne wirklich zu einem verweilenden Aufent-Halt einzuladen. Ein entspannter Anziehungspunkt ist nicht mehr gegeben. Das lebendig Spielerische ist durch eine unbewegte, geometrische Strenge ersetzt worden. Nach Aussagen des Architekten Hatzfeld sei die vormals "verwurschtelte" Anlage nun "als eine Hauptachse zum Zentrum geradliniger und überschaubarer".
(weitere Rechtfertigungen von L.Hatzfeld zur Überformung)
Dem Eindruck eines Transit-Raumes dieses neuen "Prager Platzes" müsste noch viel entschiedener durch urbane Maßnahmen entgegen gewirkt werden, die zum Bleiben einladen. Vielleicht tragen die neuen ovalen Pavillons dazu bei, die im Sommer 2005 aufgestellt wurden.



Prager Straße 1980 (Foto: Inger Sørensen / Dänemark) - Vergrößerung


belebte Prager Straße 1980 (Foto: Inger Sørensen / Dänemark) - Vergrößerung


Eine Welt von Gestern: Prager Straße 1980 (Foto: Inger Sørensen / Dänemark) - Vergrößerung


Modell Prager Straße 1969Modell Neuaufbau Innenstadt Dresden 1969 Vergleich Planung 1966

2007 abgerissen: Restaurant "International", Architekt: Günther Gruner Reminiszenz an Petersburg - Hotel Newa (jetzt Mercure)
"Newalandschaft" - von Franz Tippel 1969 - Reminiszenz an Petersburg - Hotel Newa (jetzt Mercure) Prager Straße Dresden - Wandbild "Dresden, Stadt der modernen Industrie, der Wissenschaft und der Kunst, grüßt seine Gäste" von Silack und Lipowski 1969, Aufnahme: 1997
Wandbild von Kurt Sillack und Rudolf Lipowski Prager Straße Dresden - Foto: 1997. Anderes Foto "Willkommen"    Vergrößerung von 2007, ebenfalls T.Kantschew
Ausschnitt aus dem Entwurf zum Wandbild "Dresden, Stadt der modernen Industrie, der Wissenschaft und der Kunst, grüßt seine Gäste"  1969
Ausschnitt aus dem Entwurf zum Wandbild "Dresden, Stadt der modernen Industrie, der Wissenschaft und der Kunst, grüßt seine Gäste" 1969 Originaler Pusteblumen-Brunnen von Leonie WirthHotel Newa (jetzt Mercure), Stirnseite in gegossenen Betonornamenten
Hotel Newa - Fassadenelemente aus Betonrelief: gestaltet von Friedrich Kracht und Karl-Heinz Adler, Foto: T.Kantschew-2004 - Vergrößerung
Erhaltenswert: geschwungenes Pflater auf der Prager Straße  (Mai 2004)
Geschwungenes Pflaster auf der Prager Straße (Foto: Mai 2004). 2008 wurde diese äußerst erhaltenswerte Zeitschicht, ein herausragendes Zeugnis der Moderne in der Landschaftsarchitektur, ebenfalls komplett entfernt und durch nichtssagendes monochromes Pflaster ersetzt. Vergrößerung


Freiflächen-Gestaltungs-Entwurf 1968 (Ausschnitt mit dem geschwungenen Pflaster). Vorbild Brasilien - CopaCabana in Rio von Burle Marx - 1970)


Originelle Muster an den industriell gefertigten Platten der drei Hotelscheiben

Prager Straße Hotelgärten 2004
Hotelgarten v. Kollektiv Pietsch, Landgraf und V. Warnitzchke 2004. Die Pergola wurde 2015 abgerissen. Foto: Thomas Kantschew, Vergrößerung

Durchbruchplastische Betonformsteinwand im Touristengarten (2004), Vergrößerung. Foto: T.Kantschew Wiederaufgestellte Plastik "Völkerfreundschaft" auf der Prager Straße - Dezember 2004
Metallskulptur "Völkerfreundschaft" (1986)


Prager Straße 1979

Dach auf der Wohnzeile Petersburger Straße
Dach Wohnzeile 1970

Prager Straße - International (Ausschnitt einer Wand aus Betonformsteinen am ehem. Gaststättenkomplex im schönen Spiel von Sonne und Schatten), Aufnahme: April 05 - (Vergrößerung) Abriss des Gebäudes: Feb. 07 !


Originaler, quadratischer Pflanzkübel in Beton und Mosaiksteinen. (Noch) zu sehen: im Hotelgarten als typisches gartengestalterisches Element der späten 60er Jahre in Ost-Deutschland. Aufnahme: Juli 05


Eiscafé - im Hintergrund: Wohnzeile mit Stoffmarkisen und verglaster Bürotrakt. Zeitgenössische Postkarte frühe 1960er - Vergrößerung




Modell Prager Straße 1966, Gesamtansicht mit Alt- und Neustadt.
In diesem Modell kommt sehr gut die ursprüngliche Konzeption zum Ausdruck mit dem Wechsel von flachen Bauteilen und monumentalen Hochhausscheiben, die im rechten Winkel zu einander stehen. Das Kino war hier noch in einer Quaderform - ähnlich des 1963 eröffneten Kino International in Berlin Ost - konzipiert. Später wurde daraus als eigener Akzent eine Rundform.

1969 veränderten die Planer im Zuge des modifizierten Generalbebauungsplanes für ein modernes sozialistisches Dresden das streng kubische Hochhaus am Ring zu einer im Sinne der späten sechziger-Jahre-Architektur aufgelockerten Baugruppe mit schräg gestellten Formen, die das verbliebene Grundstück besser ausnutzte und einen Kontrast zu den scharfen Rechtecken von 1962 hätte bilden sollen. Das monumentale Hochhaus sollte dann 7 Meter höher als der Dresdner Rathausturm werden.



Planung Prager Straße Nord mit Fußgängerbrücke über den Ring, Modell 1969, Vergrößerung - In das 107 m hohe Hochhaus auf dreieckigem Grundriss sollte ein "Interhotel" kommen. Das "Haus des Lehrers" daneben hätte ein "geistiges Zentrum der pädagogischen Intelligenz mit Zirkeln, Seminarräumen, gastronom. Einrichtungen" und ein Tanzkabarett aufgenommen. Beide Gebäudeteile wurden nicht realisiert. Andere Ansicht dieser Fassung


Cluster Buildings in Wabenform

Eine andere Version dieses Gebäudekomplexes betont eher die zusammen gesetzten Module eines Clusters in den Formen rhomboider Sechsecke. Das Thema der Waben wurde später von den Architekten des Centrum-Warenhauses an der Fassade des Kaufhauses verwendet.


Stadtmodell 1969, Foto: SLUB,

 

Interhotel + Haus des Lehrers: Planung Prager Straße Nord (Höhe Ferdinandplatz)1969
Foto: SLUB 1969, Vergrößerung - Version mit gefaltetem Dach

Foto: SLUB 1969, Vergrößerung
Auch am Altmarkt waren ähnlich zelluläre Strukturen vorgesehen.

Gesellschaftlicher Erlebnisweg

Die repräsentative Fußgängerzone Prager Straße war konzipiert als Teil eines umfassenden "gesellschaftlichen Erlebnisweges" vom Hauptbahnhof über den Altmarkt, Neustädter Markt bis zum ehem. Platz der Einheit, der als Freiraum ebenfalls komplett neugestaltet worden wäre.
Eine Folge von städtebaulich monumentalen gradiosen Räumen sollte eindrucksvoll in Szene gesetzt werden.
Der Generalbebauungs- und Generalverkehrsplan von 1967 zeigt die Dimensionen dieser geplanten Erlebnis-Achse, die sich einerseits auf die seit dem Mittelalter gewachsene historische Nord-Süd-Handelsstraße bezog, aber auch sehr selbstbewußt und ungetrübt in die Zukunft blickte. Besonders an den beiden Bahnhöfen (Hauptbahnhof u. Neustädter Bahnhof) sollte sich dann eine expressive Steigerung sozialistischer Moderne bündeln. Die Planungen für einen Komplettumbau um den heutigen Albertplatz wurden in den späten 1970er Jahren fallen gelassen. Vergrößerung
des gesamten Generalbebauungsplanes vom 1. Jan. 1967
(Quelle: Generalsbebauungsplan, Generalverkehrspaln der Stadt Dresden, 1967)


Text: Thomas Kantschew 2003-04 und Folgejahre

 

Generalbebauungsplan Dresden 1967 farbig

 


Wohnzeile 1980 - die Originalfarben dieser Balkone aus Wellpolyster waren, wie man hier schön sehen kann, grün-türkis. Foto: Thorsten Matthias - Vergrößerung


Pusteblumenbrunnen Prager Straße
Foto: © Armin Hirsekorn, Dresden, Vergröß.

Schalenbrunnen Prager Straße Dresden
Foto: © Armin Hirsekorn, Dresden, Vergröß
Fotos: vor 1989


Vorbildliche Sanierung der Wohnscheibe

Für 20 Millionen Euro hatte die damalige Dresdner Wohnbaugesellschaft Woba 2007 den Elfgeschosser zwischen St. Petersburger und Prager Straße
saniert. Die nach Le Corbusier's Vorbild "Unité d'habitation" 1969 fertig gestellte "Wohnmaschine" hat 612 Kleinwohnungen, eine eigene Tiefgarage, eine Ladenzeile im Erdgeschoss, darüber ein komplettes Bürogeschoss sowie schmetterlingsförmige Aufbauten für Büros und Gemeinschaftsräume. Die Dachzone war ursprünglich als "Liegeterrasse" gedacht. Diese Räume wurden zu Penthouse-Wohnungen. Sanierung und Teilumbau übernahm das Dresdner Büro knererlang.de.
Die Architekten: "Die beeindruckende städtebauliche Kraft und die große gestalterische Qualität des Hauses sollen durch die vorgesehene schonende Sanierung erneut zur Geltung kommen."
- Dieses Anliegen ist den Dresdner Architekten durchaus gelungen. Sie erhielten 2009 den begehrten

Architekturpreis "Zukunft Wohnen"

www.architekturpreis-zukunft-wohnen.de in der Kategorie "Wohnen im Bestand" für ihre Sanierung der Wohnhaus-scheibe an der Prager Straße.
Als gemeinschaftsbildende Inseln innerhalb der Wohnmaschine wurden Zonen für nachbarschaftliche Kommunikation innerhalb der Treppenhäuser freigelassen, die sich auch im Äußeren als zweigeschossige Loggien ablesen lassen. Zudem bringen sie Tageslicht in die Flure und dienen dem Brandschutz. Die ehemaligen Gemeinschaftsräume für Sport und Geselligkeit auf dem Dach sind allerdings in teure Privatlofts umgewandelt worden.

hochmoderne Tiefgarage unter der langen Wohnzeile für Warenanlieferung und Tiefgarage
Moderne unterirdische Warenanlieferung und Tiefgarage von 1969 unter der langen Wohnzeile. Foto: 2023 Thomas Kantschew, Vergrößerung

 


Die Balkone der langen Wohnzeile sind nun nach der Sanierung durch Knerer/Lang weiß und grau mit farblichen Akzenten zwischen grün-blau. Bestimmte Wohnungen wurden als Maisoinette über 2 Etagen zusammengelegt. Bildquelle: Knerer/Lang


Bildquelle: Knerer/Lang

Gegenwärtiger Zustand:

Die Prager Straße im Gesamtzusammenhang Innenstadt August 2011



(1)
Jörg Seifert
Widerstrebend angenommen.
Ostmoderne in Chemnitz und Dresden
in: kunsttexte.de, Nr. 4, 2016. Gesamer Text


Negativ: einst eine offene Willkommensgeste, nun im Hinterhof abgestellt: Wandbild mit zerstörender "Sanierung" des Gebäudes und banalen Neubauten, Foto: 2019 TK

Literatur:

Wettbewerb Prager Straße, Deutsche Architektur 3/1963, S. 133-156

Die Architekturzeitschrift "Bauwelt" hat sich über die Jahre immer wieder mit der Prager Straße beschäftigte: Bauwelt

Architektur und Städtebau der Nachkriegsmoderne in Dresden, Symposium am 30. Oktober 2003 der Klasse Baukunst (Sächsische Akademie der Künste) - Broschüre - mit Beiträgen von H. Feßenmayr, W. Durth, T. Topfstedt, J. Paul, H. Schellenberg, K. Trojan, A. Friedrich u.a.

Zur Problematik der Denkmalpflege bei Bauten der 60er und 70er Jahre. Eine Bestandsaufnahme.
von
Mark Escherich, 11-seitiger Text, in: Kunsttexte.de Nr.1 2005, siehe: www.kunsttexte.de

Tanja Scheffler: Die Prager Straße in Dresden.
Die schleichende Zerstörung der Ostmoderne durch die "europäische Stadt". In: Denkmal Ost-Moderne - Aneignung und Erhaltung des baulichen Erbes der Nachkriegsmoderne, Hrsg.: Mark Escherich, Berlin 2012, Jovis Verlag

Tanja Scheffler, Dresden Prager Straße (Frühjahr 2015)
www.moderne-regional.de

Gunther Wölfle, Christiane Brasse, Michaela Schiffner, Ines Roth: «Die Prager Straße in Dresden.
Zum Umgang mit dem Erbe der Nachkriegsmoderne»,
in: kunsttexte.de, Nr. 1, 2006
www.kunsttexte.de.


Joachim Fischer: "Prager Straße in Dresden. Zur Architektur-soziologie eines utopischen Stadtensembles", in: Ausdruck und Gebrauch, Heft 5, 2004, S. 4-14

Fragment der Moderne. Die Prager Straße in Dresden kämpft um ihre Zukunft - NZZ vom 03.09.04

Simone Simpson: Zwischen Kulturauftrag und künstlerischer Autonomie. Dresdner Plastik der 1950er und 1960er Jahre, Böhlau Verlag, Köln 2008, online lesen: http://books.google.de

Peter Richter: Engländer über der Stadt. Panzerkreuzer Plattenbau: Ausgerechnet die Pet Shop Boys zeigen, was in Dresden wirklich auf dem Spiel steht – die Ostmoderne, In: FAZ vom 23. Juli 2006.

Städte drüben. Hrsg. von Helmut Reinhardt, Hannover 1968
      (Dresden - S. 9 - 19)

 


Wand aus Betonformsteinen,
Foto ©: 2004 Thomas Kantschew
wenige Jahre später acht- und grundlos abgerissen.  Vergrößerung


Foto: Kaj Heydorn (Dänemark) 1987 Vergrößerung

Restaurant "International", Prager Straße - Mazurka Bar, Untergeschoss, 1970- 72; H.J. Richter und Kollektiv, G. Gruner, L. Johne, M. Gersdorf (Innengestaltung), Ausstattung: Hellerauer Werkstätten / Anlage 1992 für Ladenflächen umgebaut, 2007 komplett abgerissen.
Mazurka-Bar im Restaurantkomplex "International", Dresden
Mazurka-Bar ca. 1972, weitere farbige Aufnahmen auf www.facebook.com