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Architekt: Kurt Otto
Bauzeit: _1934- 35 - Abriss:
2010
Adresse:.
Flughafenstraße
Achtung:
Das Hansahaus wird im Herbst 2010 abgerissen!
Die Flughafen Dresden GmbH teilte im Juni 2010 auf Anfrage mit:
"Es ist geplant, mit den Abrissarbeiten ab 20. September 2010
zu beginnen und das Gebäude bis zum Jahresende komplett abzureißen.
Die dadurch fei werdende Fläche soll für Abstellpositionen für Luftfahrzeuge,
für eine Schneeablagefläche und für 1-2 Flugzeughallen zur Unterstellung
von Kleinflugzeugen verwendet werden."
Tatsächlich wird das Hansahaus im Oktober 2010 komplett abgerissen.
Mit diesem Abriss beseitigt man eines der herausragendsten Gebäude
der 1930er Jahre in Dresden.
Die Architektur stammt
vom Dresdner Tessenow-Schüler Kurt Otto, der mit seinem schlichten
langgestreckten Abfertigungs- und Verwaltungsgebäude viel Aufmerksamkeit
erregt hatte. Technik, Gastronomie- und Freizeitangebot waren im Hansabau
auf und unter einem Flachdach vereint. Ein Konzept, das heute als
selbstverständlich gilt. Die klare funktionale Architektur direkt
zwischen Parkplatz und Rollfeld galt als vorbildlich.
Leider wurde das Flughafengebäude nach 1990 nicht unter Denkmalschutz
gestellt. Bei diversen Umbauten ist das Gebäude darüber hinaus
noch vollständig entkernt worden, so dass nur noch die Hülle übrig
war. Dennoch lohnt sich ein Nachdenken über den sorglosen Umgang
mit historischer Bausubstanz aus dem 20. Jahrhundert. Eine Alternative
zum Abriss wäre die Umnutzung des leerstehenden Gebäudes
z.B. als Flughafenmuseum/ -archiv bzw. Muserum des Flugzeugsbaus in
Dresden.
100
Jahre Flughafengeschichte in Dresden
Bereits
1914 wurde im Stadtteil Kaditz auf dem "Städtischen
Land- und Wasser-Flugplatz Dresden" die
erste sächsische Luftpoststrecke nach Leipzig eingerichtet. Doch der
schnell wachsende Flugverkehr in
den 1920er Jahren (insbesondere auch für militärische Zwecke)
genügte den Ansprüchen
bald nicht mehr. Gesucht wurde nach einem geeigneten Grundstück,
welches nicht zu nah an größeren bebauten Siedlungen lag
und genügend ebene Fläche zur Verfügung hatte. Die
Wahl fiel auf die nördlich gelegene Siedlung Klotzsche. Nach
einer relativen kurzen Zeit der Planung konnte dann 1934- 35 ein neuer
moderner Flughafen mit Start- und Landebahn, Abfertigungsgebäude
und einem großzügigen Parkplatz davor errichtet werden.
Das in der damaligen Modefarbe Weiß gestrichene Flughafengebäude
im Stil der Neuen Sachlichkeit, genannt "Hansa Haus", bestand
aus einem langgezogenen zweistöckigem Riegel mit einer turmartigen
Erhöhung zu Navigationszwecken, der risalitartig aus der nördöstlichen
Ecke herausragte. Ein Restaurantteil bog L-förmig am südwestlichen
Ende zum Rollfeld gestuft ab, wobei dieses Bauteil als Halle mit
extra
hohen Fenstern vertikal betont wurde. Die Restauranthalle zog sich
über die beiden Geschosse, muss also einen großen hohen Raumeindruck
erzeugt haben. Die Eingangsbereiche für
die Passagiere vom Rollfeld kommend, wie für die Fluggäste
des stadtseitigen Parkplatzes wurden als Entree leicht hervorgerückt
und erhielten großflächige Verglasungen, in deren Mitte
jeweils eine modern Runduhr die aktuelle Zeit angab.
Funktionalitätsprinzip
Das schlichte funktionale Gebäude verfolgte wenig pompös-
repräsentative Absichten. Es fanden sich auch keinerlei
deutschtümelnde Anleihen wie hohe Sattel-, bzw. Walmdächer (wie z.B.
beim zeitgleich entstandenen Flughafen in Braunschweig, siehe Foto)
oder dergleichen. Überwiegend war die Architektur auf rein praktische Zwecke ausgerichtet.
Allerdings wirkten konventionelle Fenstersprossung und ein entfernt an
klassische Architektur erinnerndes umlaufendes "Gebälk" - bzw.
Konsolgesims noch als traditionelle Bauelemente.
Flughafen
Braunschweig
Neben den Abfertigungsanlagen gab es ein Restaurant mit großem Kaffeesaal
und Trinkstuben, eine Kegelbahn und ein Dachgartenlokal mit 750 Plätzen
sowie ein kleines Hotel.
Etwa zur Hälfte konnte das Dach als offene Aussichts- terrasse
auf startende und landende Flugzeuge bzw. zu Flugschauen genutzt werden.
Auch hier spielte das beliebte Licht-Luft-Sonnenkonzept der 20er Jahre
eine Rolle.

Auffällig ist auch, dass das Hansahaus nicht, wie sonst oft üblich
im NS-Bauen, symmetrisch errichtet wurde. Der Haupteingang liegt eindeutig
links von der Mitte der Gesamtbreite, wie in der Aufnahme kurz nach
Eröffnung der Anlage im Sommer 1935 zu erkennen ist.

Flughafengebäude und Freiluft-Café mit Blick aufs Rollfeld, Foto: SLUB
Umbau des Flughafengebäudes 1974
Günter Fischer und Peter Schmutzler (Projektierung), Klaus Helmut
Kaufmann (Innengestaltung) zeichneten für den Umbau des Flughafengebäudes
1974 verantwortlich, der eine Reihe gravierender Veränderungen
mit sich brachte, so u.a. eine stark modifizierte Eingangslösung.
Für den Umbau wurde eine monolithische Stahl-und Stahlbetonkonstruktion
gewählt. (siehe auch Architektur der DDR 2/1975)
Kontrollturm im Bauhaus-Stil
Ein anderes zum ursprünglichen Flughafen dazugehöriges Gebäude
erweckt wegen seiner Anleihen an das Bauhaus Interesse. Es ist der
Kontrollturm (Tower) am Ende der Straße "Zur Wetterwarte".
Der kleine Turm ist vierstöckig und ragt als Ecklösung aus
einem L-förmigen Baukörper heraus. Zum Fluggelände
hin schwingt sich der Flügel in einer für die Zeit typischen
Rundform aus. Beobachtungsterrrasse und Rundstufen korrespondieren
in der klaren Halbkreisform. Diese ganz typische Lösung im Stil
des "Neuen Bauens" setzt sich in ihrer Architektursprache
von den kantigen Bauten der Luftkriegsschule rechts und links der
Straße "Wetterwarte" ab. Allerdings weist der Bürotrakt
immer noch ein konventionelles Satteldach auf.
Der Kontrollturm diente ursprünglich dem Fliegerhorst bzw. der
militärischen Pilotenausbildung der Dresdner Luftkriegsschule,
die zeitgleich mit dem Flughafen entstand.
SZ vom 11.10.2010
Flughafen reißt sein Hansahaus ab.
Das historische Terminal des Flughafens wird ausgeweidet. Hallen für Kleinflugzeuge kommen später auf die Fläche.
(...) In Klotzsche stößt der Abriss vielfach auf Unmut und Kritik. Ortshistoriker Siegfried Bannack wandte sich unmittelbar nach Beginn der Arbeiten noch einmal an die Flughafengesellschaft mit dem Vorschlag, wenigstens den östlichen Gebäudeteil mit dem verglasten Pavillon zu erhalten und in die neue Halle einzubeziehen. Aber auch dazu gab es eine Absage.
Symbol für Klotzsche
Bannack erinnerte daran, dass das 75 Jahre alte Gebäude 1995 noch unter Denkmalschutz gestanden hatte. Erst auf der neuen Liste von 2004 sei es nicht mehr aufgeführt. „Das Hansahaus war ein Symbol für Klotzsche“, schreibt Bannack in einem Beitrag und fügt hinzu: „Der Abriss ist ein Beispiel dafür, wie von Bürokraten mit wenig Fingerspitzen- und Heimatgefühl Geschichte zugunsten anderer Interessen ausradiert wird.“
Flughafen Dresden
www.dresden-airport.de
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Fotos: TK, Sept. 2010

Fotos: 1930er
Jahre, SLUB Dresden

 
Flughafeneingang
1935.
Die lichtdurchflutete klare Wirkung des gläsernen Empfangsgebäudes
wurde während des Umbaus 1973/74 durch einen Betonvorbau und
eine völlig neue Fenstereinteilung geschmältert.
Auch das noch entfernt an klassische Architektur erinnernde umlaufende
"Gebälk" - bzw. Konsolgesims - unterhalb des Flachdachs
wurde entfernt.

Aussichtsterrasse auf dem Dach des Flughafengebäudes 1935

Turm der Befehlsstelle
aus dem Jahre 1936. Die sechseckige Turmkanzel wurde erst 1959 aufgebaut.
(Aufnahme: 2004)
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Neben dem Hansahaus wurde 1936 diese funktionale Flugzeughalle mit
geschwungenem Dach und klarer Industriearchitektur der Fassadengliederung
errichtet.
Aufnahme: 1936. Die Halle existiert heute noch.

Flughafenrestaurant
1935. Die Fenster
öffnen die
Sicht zum Rollfeld.
Literatur:
Flughäfen,
Raumanlage, Betrieb und Gestaltung. Hg. v. Carl Pirath. Berlin 1937
Karl Dieter Seifert. Luftverkehr 1913-40 und Bau des Flughafens Dresden,
in: Flughafen Dresden. Geschichte und Gegenwart der Dresdner Luftfahrt,
Hrsg. v. der Flughafen Dresden GmbH, Dresden 2000
Links
Geschichte Flughafen Dresden 1935- 1945
Parallele Flughafen Köln: www.luftfahrtarchiv-koeln.de
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Flughafen Restaurant 1935, ähnlich moderne Kugelleuchten tauchten später wieder auf:

Flughafen Lounge im ehemaligen Restaurant
nach Umbau 1974. Die Treppe als Zugang zur ehem. Dachterrasse wurde
beibehalten. Foto: SLUB
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