|
Architekten: |
|
Weise
& Treuner |
Plastik: |
|
Peter
Makolis |
Bauzeit: |
|
1996-
97 |
Adresse:
|
|
Königstraße
8 |
Bauherr: |
|
Calliston
- Gesellschaft für Projektentwicklung mbH |
Webseite: |
|
www.architekttreuner.de (seit 2008 selbständig) |
Ein
Neubau, dienend der Denkmal- und Stadtbildpflege
Komplexes Passagensystem, das den Neubau an der Königstraße
(1997 vollendet) mit einem vorhandenen Altbau an der Rähnitzgasse
geschickt verbindet. Im Inneren des Wegesystems Funktionsmischung
von Restaurants, Geschäften, Büros + einigen wenigen Wohnungen.
Entstanden ist eine der charmantesten Flanierpassagen Dresdens in
Fortführung traditioneller Hofhäuser. Sie ist unbestritten
bei Einheimischen wie Touristen als ein intim- urbaner Ort gleichermaßen
beliebt. Zum Verständnis ein paar kurze Eckdaten zur Geschichte
der Straße:
Sächsisch-königlicher
Städtebau
Die
Königstraße erhielt ihren Namen nach August dem Starken, König
von Polen und Kurfürst von Sachsen, der die Straße seit
1722 anlegen ließ. Die Anlage der Straße erfolgte nach
Pläne Wolf Caspar von Klengels unter Leitung von Matthäus
Daniel Pöppelmann. Die strenge Bauvorschrift des Jahres 1731
sah vor, daß die Straße genau nach dem Japanischen Palais
(erbaut als Porzellanschloss) auszurichten sei. Sie war dazu bestimmt,
dem Palaisbau als würdiger, aber bescheidener Rahmen zu dienen
und seinen Eindruck zu steigern. Alle Häuser mußten die
gleiche Geschoß- und Simshöhe haben. Nur der Eingang, der
in der Mitte zu liegen hatte, und die Mittelfenster durften archtektonisch
hervorgehoben werden. Das Genehmigungs-
verfahren forderte, daß die Bauwilligen, vorwiegend Handwerker,
sich wegen der "Höhe und Faciaten deren Gebäude bey
dem Oberlandbaumeister Pöppelmann" zu melden hatten, "welcher
... die Gutheit haben wird, die Riße zu gedachten Faciaten fertigen
und denen Bauenden zustellen zu laßen."
Auf Geheiß
des Königs erhielt der neue Stadtteil den Namen Neue Königstadt,
heute vereinfacht als Neutstadt bezeichnet, geteilt in innnere
und äußere Neustadt.
Die weitgehende Befolgung dieser Bestimmungen
gab dem Straßenbild eine seltene Geschlossenheit und ließ
die Straße zu einem Denkmal barocker Baukunst werden.
1946-1991 hieß die Straße Friedrich-Engels-Straße,
nach dem allmählich in Vergessenheit geratenen marxistischen
Theoretiker. (Text: K.Kregelin, Namensbuch im 26er
Ring, Dresden 1993)
Nach
gründerzeitlicher Überformung Wiederherstellung des Gesamteindrucks
Der Neubau an der Königstraße kam durch eine Initiative
der Dresdner Denkmalpflege zu stande. Das Institut wollte ein aus
der barocken Achse dominant herausragendendes Gründerzeitwohnhaus
beseitigen und damit die klare Achse der einzigen im Original erhaltenen
Barockstraße Dresdens als Gesamtkunstwerk wiederherstellen.
Dies Vorhaben ist mit dem Neubau eines nachempfundenen zweigeschossigen
Barockhauses während des glücklichen Zusammenspiels zwischen
Denkmalpflege, Bauherren und Architekturteam außerordentlich
vorbildlich gelungen. Die Neubaukonstruktion ist ein filigraner Stahlbeton-Skelettbau
mit traditioneller Lochfassade. Zur Königstraße sowie im
Hof erweckt der Neubau mit
allen Spiegelfeldern, Dachgauben, Mittelachsenbetonung, Gesimsen einen
bewußten Altstadt-
charakter. Bereits
im Jahre 2005 wäre eine solch dienende Einfügung beim derzeit
vorherrschenden Zeitgeist von eigenständigen ZeitSchichten mit
mehr Fragezeichen behaftet. (Gegenüber dem Passageneingang Rähnitzgasse
23 kann man im Hof des visavis- Hauses Nr. 18 beobachten, mit welch
geometrischer Strenge ein rechtwinkliges Betonraster in das Barockviertel
2004 hinein implementiert wurde.)
In der kunst- und stadtgeschichtlich bedeutsameren Königstraße
passte man dagegen Mitte der 90er Jahre das Innere der neuen Passage
dem ursprünglichen Barock-gedanken an. Größere Fenster
lassen jedoch in den knapp bemessenen Höfen mehr Tageslicht in
die Etagen fluten.
Die etwas zu breit geratenen Spiegelfelder befriedigen nicht optimal.
Neues und Altes
Im nebenstehenden Hof sorgt ein Glasanbau in gegenwärtiger Bauauffassung
mit interessant herrausragenden, eckförmig gestuften Auskragungen
für modern-aktuelle Akzente (siehe Foto rechts).
Plastik von Peter Makolis - Kunst mit dem Bau
Beim sensiblen Betrachten des Eingangstores fällt eine besondere
Sandsteinplastik ins Auge. Sie bildet den Schlußstein im neuen,
zeitgenössisch interpretieren Türgewände. Dargestellt
ist ein stilisierter Löwenkopf, flankiert von zwei kleineren
Tierköpfen. (Der Löwe ist das Tier des Dresdner Stadtwappens.)
Das Werk kann als vorbildliche Integration der reichen Dresdner Skulptur-
und Plastikerszene in neue Architektur gewertet werden! Peter Makolis
zählt zu den herausragenden Dresdner Gegenwartskünstlern.
geb. 1936 in Königsberg/Ostpreußen,
Lehre als Steinmetz am Lehrbauhof Zwinger in Dresden
1954 Zeichenkurse mit den Malerfreunden Peter Kaiser, Peter Herrmann,
Peter Graf und Ralf Winkler (A. R. Penck) bei Jürgen Böttcher (Strawalde)
1956 Gesellenprüfung als Steinbildhauer, die frühen Griechen, Sumerer
und Ägypter prägen die eigenen Vorstellungen von Bildhauerkunst, gemeinsames
Atelier mit A. R. Penck (Ralf Winkler)
1959 Arbeit als Bildhauer auf dem Gebiet der Denkmalpflege 1964 Meisterprüfung
als Steinbildhauer,
seit 1965 freiberuflich als Bildhauer tätig
1984 Arbeitsaufenthalt in Carrara und anschließend Teilnahme an der
Biennale in Venedig
Werke
im Stadtraum u.a.:
Böttger-Gedenkstele 1982 im Brühlschen Garten (Dresden)
Kulturrathaus Hof (ebenfalls Königstraße)
.
Als schöne Sandsteinarbeit insgesamt kann auch das neu interpretierte
Türgewände an der Vorderfassade zur König-straße
bezeichnet werden. Solche Lösungen, abseits von Komplettrekonstruktionen
erfreuen wegen ihres eigen-schöpferischen Anteils.
Sehnsucht des
Kollektivbewußtsein
Die
diskrete Hinzufügung eines schmalen, aber nicht unbedeutenden
Bausteins in ein original vorhandenes Baudenkmal trägt zur lindernden
Wiederherstellung von beschädigten Stadträumen bei. Eine
vordergründig unspektakuläre Architektur zielt dabei auf
Heilung und Stadtreparatur. Sie reagierte damit auf starke kollektive
Dresdner Sehnsüchte, die bereits während der 1980er Jahre
durch postmoderne Ergänzungsbauten sowie mehrere originale Rekonstruktionen
in der inneren Neustadt versucht wurde zu befriedigen.
Das Büro Weise & Treuner (Andreas Weise & Kelf Treuner)
setzt sich sehr für Denkmalpflege in Dresden ein, tritt aber
auch mit eigenwilligen zeitgenössische Akzenten in Erscheinung,
die Mut zu Individualität abseits ausgetretener Pfade beweisen.
Zusammenarbeit: 1992-2008 Werke u.a.:
- Grosser Umgestaltungsplan für die Dresdner Innenstadt mit
Kanälen und einem Passagenkomplex am Postplatz - 1995
- Kinder- und Jugendhaus Gruna "Schieferburg", 1996
- Bauherrenpreis in Radebeul für Neubau Winzerstraße 5a,
1997
- Sanierungskonzept für das Lingnerschloss, 2004
Text: Thomas Kantschew 2005
|
|
Fotos: 2005 |