Kulturpalast
Kulturelle Herzkammer Dresdens

 
Architekt: Wolfgang Hänsch, Herbert Löschau
Heinz Zimmermann, Dieter Schölzel (u.a.)
Basisentwurf: Leopold Wiel _
Kunst: u.a. Gerhard Bondzin & Kollektiv (Wandbild)
Freiflächen-
gestaltung:
Günther Krätzschmar (Brunnen, Hochbeete,
Rückseite mit Leuchten auf dem Plateau)

(zerstört 2009-2011)
Bauzeit: 1966- 69 (diverse Wettbewerbe seit 1953)
Adresse: Altmarkt, Schlossstraße, Galeriestraße
Webseite: http://kulturpalast-dresden.de/
Umbau: 2013 bis 2017
Abriss des alten Mehrzwecksaals, Einbau eines komplett neuen Konzertsaals
Architekten: Gerkan, Marg & Partner (GMP)
www.gmp-architekten.de

Pläne (pdf) auf dresden.de / Infos

Wiedereröffnung: 28. April 2017
Preis: DAM Preis 2019
für Umbau und Sanierung des Kulturpalastes  Dresden durch das Architekturbüro
gmp Architekten von Gerkan, Marg und Partner Infos: www.dam-preis.de

Nutzung: Philharmonie, Zentralbibliothek,
Kabarett Herkuleskeule und Restaurant

Zentrum für Baukultur - ab 08. Juni 2017
http://zfbk.de




Sanierter Kulturpalast Mai 2017 (Foto: TK), Vergrößerung


Gerettet !

Nach knapp vierjähriger Umbauzeit ist der Kulturpalast am
28. April 2017 rundumsaniert wieder eröffnet worden. Damit
ist eine jahrzehntelange Diskussion über Abriss, Erhalt, Überformung, schonende Sanierung und Festsaal-Umbau beendet. Während in Dresden und andernorts eine Vielzahl signifikanter Gebäude der DDR abgerissen worden sind, ist es am KP gelungen, eines der markantesten Kulturhäuser des Landes zu retten. Verloren ist zwar der ehemalige Festsaal, aber das war ein unvermeidlicher Kompromiss. Obwohl die Sanierung viel teurer wurde, als ursprünglich geplant, das Ergebnis mit dem neuen Konzertsaal von Gerkan & Marg besticht in außerordentlich hoher Qualität. Der Kulturpalast  strahlt nun zum Altmarkt weiter mit einer einladend gläsernen Schauseite und sucht zum Neumarkt hin eine dialogische Verbindung zu den Neubauten im Umfeld als neueste Zeitschichten.
Zur Feier des 50. Jubiläums vom Kulturpalast bezeichnete Ministerpräsident Kretschmer das Gebäude im Oktober 2019 als "kulturelle Herzkammer" Dresdens, also ein Gebäude von zentraler Bedeutung für die Stadt, die Region und das Land insgesamt, als Kulturbotschafter der Metropole Dresden.

Falk Jaeger: Kulturpalast in Dresden
Ostmoderne Hülle, Westmoderner Kern
Deutsche Bauzeitung db 12|2018


Geschichte

1962 begann der Bau des dominanten Dresdner "Palastes" für Kultur, ein in der Baugeschichte der DDR in dieser Funktion einzigartiges Gebäude (mit Räumen für künstlerische Betätigung als Volkshaus). Im Hintergrund rußgeschwärzter Ruinen von Schloss und Frauenkirche war dies ein kulturpolitischer Akt, der mitten in einem neuen "sozialistischen Stadtzentrum" an die langen kulturellen Traditionen Dresdens anzuknüpfen suchte. Städtebaulich wie architektonisch bedeutete der Glas-Beton-Kasten mit anthroposophisch anmutendem Kupferdach einen rigorosen Bruch mit dem historisch überlieferten Stadtgrundriss und der vormodernen Architektur. Ursprünglich sollte das Haus jedoch in den 50er Jahren-Planungen mehr als 100 Meter hoch werden und im verzierten-dekorativen Stil der "Nationalen Tradition" errichtet werden. Abbildungen
Der rhomboide Innenraum erinnert u.a. an den Kongresspalast im Moskauer Kremlgelände, 1959-1961 im Auftrag von Nikita Chruschtschow für 6000 Zuschauer der KPDSU-Parteitage errichtet.
Vorbildhaft wirkte aber auch u.a. das neue Konzerthaus De Doelen von Rotterdam von 1962-66. Das Gebäude stand im Mittelpunkt der Region als ""geistig- kulturelles Zentrum der Stadt und des Bezirkes Dresdens".

Architekturführer der DDR, Bezirk Dresden 1978:
"Kulturpalast: flacher Baukörper 102,80 m x 71,80 m mal 19,35 m bildet städtebaulichen Abschluss des Altmarktes nach Norden. Monolith. Stahlbetonskelettbauweise (Raster 6 m x 9 m), Sockelgeschoss Naturstein, Obergeschoss Aluminium-Glas-Elemente, teilw. Betonstrukturwände, Saalaufbau profiliertes Kupferdach; Mehrzwecksaal mit Kippparkett 2740 Plätze, Studiotheater 192 Pl., Restaurant: 205 Pl., Klubräume 584 Pl.; ..."


Grundriss 2. OG Kulturpalast: Quelle Architekurführer der DDR 1978


Architekturführer Dresden 1997:
"Der kompakte, flache Baukörper ist äußerlich durch Material-und Farbkontraste geprägt: Während die Sockelzone aus poliertem roten Granit besteht, setzt sich der Hauptkörper aus großen, in Aluminiumrahmen gefaßten Glasflächen zusammen; er wird von weißen Betonsimsen eingerahmt. Die Rückseite sowie die Außenwände der Funktionsräume sind durch Betonfertigfenster untergliedert. Ein gefaltetes Kupferdach bildet den Abschluss. Dabei erhebt sich der zentral gelegene sechseckige Festsaal äußerlich als Dachaufbau. In Höhe des 1. OG umschließt ein Balkon den Kulturpalast. An der Fassade zur Schlossstraße befindet sich das Wandbild "Weg der roten Fahne" vom Kollektiv Gerhard Bondzin, ein typisches Werk des sozialistischen Realismus. Der Eingang enthält fünf Bronzetüren von Gerd Jaeger, die Motive aus der Dresdner Geschichte darstellen."

Festsaal
(1969 bis 2013)
32 m breite, 10 m tiefe Bühne, fahrbare Jehmlich-Orgel,
Hauptbühnenfläche 320 m² ; Portalhöhe 11,5 m,
mittels Kippparkett auch als Ball-oder Kongreßsaal nutzbar.
2 Seitenbühnen mit je 160 m² , 1 Hinterbühne mit 79 m².

Urteil des OLG Dresden 13.11.2012
Dresdner Kulturpalast: Der Große Saal ist eine herausragende Architektenleistung, das Umbauinteresse der Stadt aber gewichtiger.


2013 bis 2017 Abriss multifunktionaler Festsaal
&

Einbau neuer Konzertsaal + Ausbau zur Hauptbibliothek

Nach jahrelangen Diskussionen über die Zukunft des zentralen Kulturgebäudes der Stadt Dresden, nach Gerichtsstreit und Expertenurteilen ist der Kulturpalast seit 23. Juli 2012  geschlossen worden. Es begann ein mehrjährige  Grundsanierung, die bis auf den Rohbau des Gebäudes vordrang und in den ausgehöhlten sechseckigen Innenraum einen komplett neuen Konzertsaal für die Dresdner Philharmonie einbaute.
Der eingefügte neue Saal in Hexagon-Weinbergform bekam von Experten des niederländischen Akustikbüros Peutz Consult eine ausgezeichnete Akustik mit 2.2 sec Nachhallzeit. Darüber hinaus ist anstelle des ehemaligen Restaurants und der alten Klubräume die neue Hauptbibliothek eingezogen. Als dritte Institution bespielt nach dem Umbau das Kabarett Herkuleskeule einen Theatersaal im Untergeschoss.
Das Äußere des Gebäudes gleicht 2017 in etwa dem Bild von 1969. Wohltuend sind jedoch neue leicht blaugrün schimmernde Fenster eingebaut worden. Die Rückfront und die beiden Schmalseiten behielten entgegen ursprüngl. Planungen das Raster mit Betonwerksteinen. Wichtige künstlerische Zeugnisse des Gebäudes, wie die Bronzetüren und der Wandfries im 1. OG, wurden beim Umbau ausgelagert und anschließend neu integriert. Foyer und Treppenhäuser blieben in ihrer Struktur erhalten und genießen Denkmalschutz.

Der Kulturpalast wird nach dieser Metamorphose hoffentlich an Ausstrahlung, internationalem Renommee und Lebendigkeit gewinnen. Allerdings ging Dresden und der Architektur insgesamt auch einer der wichtigsten Multifunktionssäle der europäischen Nachkriegsmoderne verloren. Gerade die zuschauerstarke Unterhaltungsmusik musste sich an einem entlegenen Standort außerhalb des Zentrums ein neues Publikum suchen. Kritisch mahnende Stimmen, wie z.B. vom Verein Quo Vadis Dresden hatten vor der  Aufgabe der Stadthallenfunktion gewarnt.


Hier noch mal ein Rückblick auf die Argumente:


Pro:
Multifunktionshalle mit Nostalgiewert

Viele flexibel nutzbare Räume waren im KP untergebracht: Studiobühne, Restaurant, Arbeits- und Proberäume, diverse Kongressräume, Garderoben, das großzügige Foyer.
Die große Bühne ließ sich durch Herausnehmen des Parkett-gestühls für ganz unterschiedliche Zwecke umfunktionieren. Gerade die "leichte Muse" für Unterhaltungsmusik fand im KP Platz als große Stadthalle. Natürlich auch die altehrwürdige Dresdner Philharmonie, der jedoch die Akustik des Saals unzureichend erschien. Außerdem störte der breite, parteitagsähnliche Zuschauerraum zeitgenössische demokratische Vorstellungen. Dem entgegen standen jedoch gute Erinnerungen vieler BesucherInnen, die nicht zuletzt mit dem KP ein Stück ihrer eigenen Biographie verknüpften.
Durchaus wertvolle baukünstlerische Äußerungen wie das Wandbild, die Bronzetüren oder der Fries im Foyer sind darüber hinaus Geschichtszeugnisse mit hohem Denkmalwert.


Contra:
Sperriger kompakter Kubus zwischen Alt- und Neumarkt


Der massive Baukörper, weit zurückgesetzt vom Altmarkt, reißt den Hauptplatz Dresdens zusätzlich in Nord-Süd-Richtung maßstablos auf. Ein städtisch-urbaner Zusammenhang ist durch diese gewaltige Baumasse nur schwer möglich. Der dominante Kulturbau und seine von ihm beanspruchte Abstandsaura (ähnlich der Neuen Nationalgalerie in Berlin von Mies von der Rohe) erdrücken das bisherige Wiederaufbaukonzept von Kleinteiligkeit und lebendiger Vielfalt in der Dresdner Innenstadt, über welches allgemeiner Konsens in der Bevölkerung herrscht.
Als ein in sich sicher herausragendes Baudenkmal der DDR-Nachkriegsmoderne wird sich der voluminöse Kulturpalast nur schwer in eine verdichtete Innenstadt integrieren können - zu dominant versperre der monolithische Bau, als rigoros- propagandistische Äußerung ein urbanes Kommunikationsgeflecht, so die damaligen Befürchtungen der Gegner.

Dresdner Architekten und Anhänger der Nachkriegsmodere versuchten diese Bedenken zu entkräften und stritten 2004 für den Erhalt des Kulturpalastes:
www.kulturpalast- dresden-erhalten.de


1994 beschloss der Stadtrat ein Konzept zur Verdichtung der Innenstadt

Um den Altmarkt ein Stück seiner unmenschlichen, proportionslosen Weite zu nehmen und mehr stadträumliche Dichte zu definieren, beschloss der Dresdner Stadtrat 1994 (u.a. unter fachmännischer Beratung des renommierten Münchner Architekten Braunfels, der in dieser Zeit eine stadträumliche und stadtgestalterische Leitbildkonzeption für Dresden erarbeitete), an den Kulturpalast sowohl zur Schlossstraße, wie zum Altmarkt neue Flügelbauten anzubauen. Diese Entscheidung, die nach 2000 einen konkreten Investor (Sachsenbau Chemnitz) und einen Architekten (Kollhof) gefunden hatte, wurde 2004 durch einen Stadtratsbeschluss gekippt. Viele Bürger wollten den Kulturpalast als Stadthalle erhalten. Bleibt jedoch der Kulturpalast, die Wilsdruffer Straße und der Altmarkt in der jetzigen auseinandergerissenen stadträumlichen Fassung erhalten, bestehen wenig Chancen für eine wirklich funktionierende lebendige, abwechslungsreiche Innenstadt mit einer einladenden Verweilqualität, so damalige Befürchtungen. Der Kulturpalast, der nun jedoch fast vollständig von Neubauquartieren an drei Seiten "eingerahmt" wurde, tritt damit in ein verändertes Beziehungsgeflecht und sucht nach neuen urbanen Zusammenhängen.
Gespannt sein kann man vor allem auf Neubauten in der Galeriestraße u. Rosmaringasse, die sich auf den Kontext des Kulturpalastes beziehen, ihn einbinden und ihm auf diese Weise eine urbane Fassung geben. Investor KIB-Projekt GmbH will 2017 ein Geschäftshaus errichten, das Bezug zum Kulturpalast nimmt. Entwürfe Kupferschmidt. Ebenso bauen USD und Baywobau in den Quartieren VI und VII-1.



Mut zur Veränderung

Gefragt war also ein Mut, der nicht in konservatorischer Starre und denkmalpflegerischen Dogmatismus verharrte, sondern die Kraft und Entschlossenheit zur Erneuerung wagt, genauso wie in der Geschichte oft Paläste oder Schlösser um-, an- oder weitergebaut wurden. Nicht zuletzt das Dresdner Schloss ist ein Resultat jahrhunderterlanger Veränderungen. Ein intelligenter u. respektvoller Umbau des Kulturpalastes, mit einer leicht modifizierten Rückseite, mehr stadträumlicher Dichte im Umfeld und einer besseren Verzahnung von Neu- und Altmarkt waren wohl die beste Lösung, die politische Dominanz des Kulturpalastes zu reduzieren und ihn in einen  veränderten städtischen Gesamtzusammenhang einzubetten.
 

Umbau im Erdgeschoss 2006

Im Stadtjubiläumjahr 2006 wurde die südöstliche Ecke des Kulturpalastes Wilsdruffer/ Galeriestraße zu einem Informationscenter Frauenkirche umgebaut. Die roten Granitplatten wurden entfernt und durch große Glasscheiben ersetzt. Nur noch die tragenden Betonsäulen blieben vom Ursprungsbau erhalten, ähnlich wie bereits die westliche Ecke zu einem Ticket-Center umgebaut worden war. So entstand mehr Offenheit und Kommunikation des Gebäudes mit dem Stadtraum. Ausführende Architekten waren: AWB Architekten Wolfgang Hänsch (Kulturpalastarchitekt) und Architekturbüro W. Bauer. Die Räume werden nach dem Umbau 2017 als
"Zentrum für Baukultur" genutzt.


Roter Granit - in Dresden ein ungeliebtes Material

Allerdings verlor das Gebäude auch etwas von seiner Authentizität, denn der polierte rote Granitsockel, dieser feste für Dresden untypische Stein, der ganz bewusst als "tragende" Basis, als Fundament eingesetzt wurde, trägt auch zu seiner politischen Bedeutung bei. Auch wenn es nur vor dem Beton geblendete Fassadenplatten sind, der optische Eindruck beinhaltet eine ganz wichtige zeittypische Aussagekraft von 1969.


Detail Material des roten Granitsockels - Vergrößerung (Foto: TK - Feb. 2011)
Der Naturstein wurde stammt aus der Ukraine.



Der Kulturpalast 1980 (Foto: Inger Sørensen) hatte ursprünglich klare farblose Glasscheiben. Erst später wurden sie gegen entstellende bronzefarbene ausgetauscht. Dieser Zustand sollte in einer anstehenden Sanierung rückgängig gemacht werden.

Der Kulturpalast im Bau 1968 - Farbdia mit Blick vom Rathausturm (Link zu Fotocommunity)





Der neue Konzertsaal im Kulturpalast Dresden,
hrsg. von Landeshauptstadt Dresden, Imagebroschüre (pdf)


2014 - neuer Konzertsaal im Kulturpalast:
Die Pläne wurden modifiziert. Nun werden die Brüstungen der einzelnen Saalfelder weiß gestaltet, anstatt einer Holz- verkleidung, wie noch 2012 vorgesehen. Stattdessen bekommen die hinteren Wände ein Holzfurnier, was wahrscheinlich einer besseren Akustik geschuldet ist. Visalisierung: gmp



Fertig gestellter Konzertsaal. Statt anthrazitgrau bekam das Gestühl eine rote Farbe. Foto: Mai 2017 TK


Weinberg und Schuhkarton

Grundmodell des neuen Saales ist das Weinbergmodell - kombiniert mit dem Modell eines "Schuhkartons", also eines traditionellen, längsrechteckigen Saales. Mehr Infos auf www.dresdnerphilharmonie.de




Sockelzone (Galeriestraße) noch vor dem Einbau des Frauenkirchen-Infocenters an der Ecke. Soll diese rote Natursteinzone für eine komplette Verglasung gänzlich verschwinden? Damit würden zwar einerseits mehr Transparenz und Offenheit entstehen, andererseits verschwindet durch diese vollverglaste Nivellierung der Eindruck "schwebender Leichtigkeit" und der Anklang an antike, tempelhafte Erhabenheit. Foto: TK Aug.05



"äußerlich nur behutsam"?

Olav Helbig, 01097 DD, schrieb am 27.06.09 in der SZ: "...Doch dann sah ich das Foto vom Modell, das seltsamerweise mit den Worten "äußerlich nur behutsam" beschrieben wird. Den Obergeschossen wird durch eine Vollverglasung anstelle der roten Granitwände der tragende Sockel genommen. Damit wird der gesamte Grundgedanke der Architektur des Palastes, der mit dem Natursteinsockel und den darüber liegenden zusammengefassten Obergeschossen, die in Art von Lisenen zum Altmarkt durch die Stahlstützen vor dem Balkon gegliedert sind, noch Spuren barocker Baugesinnung enthält und sich gerade darum so gut einpasst, eine wirkliche Verbindung von Altem und Neuem ist, völlig aufgelöst. Für mich zeigt sich hier einmal mehr, dass beim Bauen am Denkmal unbedingt mehr Einfühlungsvermögen in historische Architektur erforderlich ist, als heute oftmals aufgebracht wird."

 


Modell umgebauter Kulturpalast, Ansicht vom Altmarkt und von der Galeriestraße, Quelle: gmp. Der ganze Kulturpalast sollte verglast werden. Die rote Granitsockelzone wäre komplett verschwunden, ebenso das Betonraster zur Galeriestraße und auf der Rückseite. In einer Überarbeitung wurde dann der radikale Umbau zurück genommen:

Eine Gruppe von Kunsthistorikern, Denkmalpflegern und Musikern kämpfte für einen komplett neuen Konzertsaal,
u.a. um den alten Kulturpalast und seinen großen Multifunktionssaal in seiner Ganzheit zu erhalten.




Dresdens Kulturpalast
Wolfgang Kil | 14.09.2011
Beim Schutz der Nachkriegsmoderne ist die Denkmalpflege im Freistaat Sachsen nicht mutiger als in anderen Bundesländern, in der Landeshauptstadt Dresden ist sie sogar ausgesprochen verklemmt. (...) www.german-architects.com



https://vimeo.com/

Kulturpalast Dresden
Design by Meinhard von Gerkan and Stephan Schütz with Nicolas Pomränke. Ein Film von Marek Iwicki, DERACHTEOZEAN GbR - Dez. 2018


Literatur:


DDR-Zeitschrift: Deutsche Architektur (DA) 4/68 und 5/70.
Idenwettbewerb für das Haus der soz. Kultur, in DA 11/ 1960, S. 670-673

Susann Buttolo: Der Kulturpalast Dresden. In: Dresden - Architektur der Nachkriegsmoderne / Zeitzeugnisse Heft 3. Architektur und Ingenieurbau in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Sachsen, Dresden 2006

Wolfgang Kil (Hg.): Wolfgang Hänsch - Architekt der Dresdner Moderne, Berlin 2009





Modell Haus der sozialistischen Kultur in Dresden, basierend auf einem Entwurf von Prof. Wiel, überarbeitet von Hänsch und Löschau - mit runder Kuppel, 1969 veröffentlicht in "Sektion Architektur" - Wissenschaftliche Zeitschrift der TU Dresden. Entwurf mit Tribüne für 1. Mai-Demonstrationen und einem zunächst geplanten 3. OG


Modell einer Entwurfsphase des Kulturpalastes mit vier Geschossen



Ideenwettbewerb für das Haus der sozialistischen Kultur in Dresden, Beitrag vom Kollektiv Prof. Wiel, TH Dresden, Quelle: DA 11/1960.
Vergrößerung - Entwurf 1960
Das Preisgericht lehnte damals den Vorschlag ab, weil ihr die Höhe von nur 17 m zu gering erschien, auch der Verzicht auf eine Höhendominante als Turm wurde kritisiert. Die Kuppel wäre kein Ersatz, da man sie weder von der Straße, noch in der Stadtsilhouette sehen könne. Auch das Hineinrücken des Gebäudes in den Altmarkt wurde als Mangel empfunden.
Das extrem umfangreiche Raumprogramm wurde von Wiel in zwei zusätzliche separate Teile untergebracht (Panoramakino & Konzertsaal seitlich + Kongresshalle dahinter).
In Ostberlin wird von Henselmann zeitgleich die Kongresshalle am Alex geplant, Ähnliches entsteht in Brasilia.
Zum Vergleich Vorschlag L.Hahn
Jahre später wurde der Vorschlag eines großflächig verglasten, relativ niedrigen Baukörpers mit Kuppel wieder hervor geholt und modifiziert. An die Stelle einer zentralen Kuppelhalle als Hauptverteiler wurde der Mehrzwecksaal plaziert.

Kulturpalast (Foto aus dem Bildband: "Über den Dächern Dresdens" VEB Verlag der Kunst, Dresden 1981)
Kulturpalast: Foto aus dem Bildband: "Über den Dächern Dresdens" 1981 Noch nicht patiniertes Kupferfdach des Kulturpalastes mit Aussparungen für Be- und Entlüftung - vor 1981
Noch nicht patiniertes Kupferfdach des Kulturpalastes mit Aussparungen für Be- und Entlüftung - Foto: vor 1981
Leuchtend gläsern-transparente Schauseite zum Altmarkt hin- 2017, Foto: TK, Vergröß.

Wandbild  "Siegeszug der Roten Fahne", Foto: TK 2017, Vergrößerung

 
Fahnenmasten - auch für DDR-Propaganda genutzt, Foto: TK 2008Bildquelle: Deutsche Fotothek - SLUB
Foto: Deutsche Fotothek/ SLUBBildquelle: Deutsche Fotothek - SLUB
Eine Aufnahme von 1969, gleich nach Fertigstellung, noch ohne die dominaten Fahnenmasten. Foto: Deutsche Fotothek/ SLUBBildquelle: Deutsche Fotothek - SLUB
Kulturpalast noch ohne Fahnenmasten

Treppenhaus (Feb. 2010 TK)
Wandfries im 1. OG von Heinz Drache

Eine der vier Bronzetüren, die die Geschichte Dresdens aus marxistischer Sicht widerspiegeln.
Eine der fünf Bronzetüren von Gerd Jaeger, die die Geschichte Dresdens aus marxistischer Sicht widerspiegeln / Darüber Ausschnitte aus dem Wandfries im ersten Stock, der sich auch propagandistisch mit Gegenwart und Zukunftsperspektiven im sozialistischen Alltag auseinanersetzte.

Kulturpalast von hinten: Anlieferungszone für Dekorationen und Technik, Februar 2005
Kulturpalast von hinten: Anlieferungszone für Dekorationen und Technik, Feb. 2005 TK

Decke im Restaurant (Foto: 10/ 06 TK)

Leuchte im Treppenhaus zum Restaurant (Foto: 10/ 06 TK)
Bildquelle: Deutsche Fotothek - SLUB
Kulturpalast 1969 / Ecke zur Schlossstraße - hier noch unverändert mit Granit"sockel" und Leuchtschaukiästen.
Bildquelle: Deutsche Fotothek - SLUB
Studiotheater 1970 - Ausstattung: Deutsche Werkstätten Hellerau
Bildquelle: Deutsche Fotothek - SLUB
Foyer des 1. OG - 1977

Tür auf der Schlossstraße mit einer grafischen Notenkomposition. 2008 nicht mehr vorhanden! Wohin ist diese Tür gelangt? (Foto: Inger Sørensen 2007), big
Bildquelle: Deutsche Fotothek - SLUB
Restaurant im Kulturpalast 1969 - in diesen Räumen ist ab 2017 die Zentralbibliothek untergebracht. An der Wand: Gobelin von Christa Engler-Feldmann



Vergrößerung Gobelin (Ausschnitt) von
Christa Engler-Feldmann "Heitere Szenen aus Dresden" Wolle, handgewebt 1969, Foto: TK 2017 in der Ausstellung "Kulturpalast Dresden. Architektur als Auftrag" im Stadtmuseum


Deckenleuchten im Foyer (April 08) - Foto: TK


Geländer von 1969 (Foto: April 2008)
Orchester-Probensaal
Proberaum für Künstler (Foto: 04/08), big

, Foto: Dt. Fotothek KP- Spiegelung im Brunnen 1969


Kulturpalast Vorplatz, Foto: TK 2012


Roter Granit & Logo Dresdner Philharmonie - Nov. 09 - Vergrößerung

Die Betonraster an der Ostseite und an der Nordseite werden doch erhalten, eine Frage des Denkmalschutzes. Foto: Nov.09



Welche Bebauung soll gegenüber dem Kulturpalast errichtet werden? Ist der Kulturpalst mit dem neuen teuren Saal und der Stadtbibliothek ein Leitbau oder soll sich alle Bebauung an der Frauenkirche orientieren? Foto: 2011 mit einer Spiegelung der Heinrich-Schütz-Residenz in der Fassade des KP an der Galeriestraße, TK, Vergrößerung, Gesamt


Neue Zentralbibliothek im Kulturpalast, miteinbezogen: Deckenelemente des ehemaligen Restaurants, Foto: 2017 TK
Vergrößerung

Der Kulturpalast steht unter Denkmalschutz

Das Landesamt für Denkmalpflege hat den Dresdner Kulturpalast als herausragendes Baudenkmal der DDR-Moderne 2008 unter Schutz gestellt, "weil es besondere Eigenschaften besitzt, die es wertvoll für die Gemeinschaft machen", sagte Landeskonservatorin Rosemarie Pohlack. Der Status bedeute aber keinesfalls, dass an den Gebäuden keine Veränderungen erfolgen dürfen. DNN vom 23.09.2008


Der große Saal (April 2008) - Foto: Thomas Kantschew - Vergrößerung


Vergrößerung - Foto: T.Kantschew

"Die in Glas aufgelösten Obergeschosse, die filigranen Stützen im Sockelbereich und das flache, überstehende Dach geben dem Gebäude aus der Fernsicht ein ästhetisch ansprechendes Erscheinungsbild."
Begründung der Denkmalschutzeigenschaft





Kunsthandwerk an den Atelierwänden der Clubräume für künstlerisches Gestalten im KP Westseite, Foto 2008 TK, big, "Ich will meine Feder ins Waffenverzeichnis!" - Leider waren die Clubräume durch das hohe Propaganda-Wandbild zur Schlossstraße ohne jedes Tageslicht. Die abgeschlossene Atmosphäre mit Kunstlicht hinterließ einen zwiespältigen Eindruck.


Festsaal 2008 - Foto: T.Kantschew, Vergrößerung
Korrespondierend zum trapezförmigen, sechseckig gefalteten Dach des Kulturpalastes, welches die Form des großen Saals nach außen hin sichtbar macht, entstanden in der Planung auch sechseckige Gebäudeformen an der Südseite des Altmarktes in einem "Haus der Industrie". Wabenähnliche, unterschiedlich hohe Gebäudeteile, die als zusammen-hängendes Cluster gestaltet waren. Es wäre so ziemlich das Gegenteil vom Superblock der Nationalen Tradition auf der Altmarkt Westseite entstanden - als freie moderne Form, die den Anspruch Dresden als Wissenschaftsstadt spektakulär molekular entfaltet. Typisch zelluläre Strukturen der 1960er Jahre!
Die Planung wurde nicht realisiert. Foto: SLUB 1969, Foto rechts: Kulturpalast-Rohbau 1968 mit sechseckigem Saal
 


Schichten der Stadt:


soz. Realismus (Altmarkt), Nachkriegsmoderne (Kulturpalast), Rekonstruktionen (Schütz-Residenz) - im Vordergrund: zukünftiges Quartier VI am Jüdenhof. 2013- 2017 wurde der KP saniert und zur neuen Philharmonie umgebaut. Foto: Juli 2012, Reinhard Jentsch, www.dresdner-bauten.com, Vergrößerung

 

 

"Der Weg der roten Fahne"

Ideenvorschlag zur künstlerischen Gestaltungsintervention zum Wandbild "Der Weg der roten Fahne" von Gerhard Bonzin & Kollektiv: Dieses propagandistisch motivierte Kunstwerk von 1969 sollte eine demokratisch-freiheitliche Gesellschaft nicht unwidersprochen und unreflektiert stehen lassen.
15 Jahre nach dem Fall der Mauer müßte über Entstehung, Vision und Zusammenbruch des östlichen, sozialistischen Teils Deutschlands und dem westlichen Gegenspieler, der ehemaligen alten BRD, neu debattiert werden. Angeregt vielleicht gerade durch diese Art Ost-Kunst.

Mein Vorschlag daher wäre: Über die elektrostatisch beschichteten Betonplatten leicht hervorgerückt popartig-farbige Porträts auf Plastikscheiben von Mielke, Honecker bis Oskar Lafontaine, die die Ambivalenz der sozialen und sozialistischen Utopie in unserem Land zum Ausdruck bringen.
In der Nähe des DDR-Emblems könnte der deutsche Bundesadler hinzu gefügt werden. Beide sollten nachts durch Licht besonders hervorgehoben werden.
Auch dieses Wandbild und dieses Gebäude ist deutsche Geschichte, ist jüngste Geschichte im innersten Kern des Dresdner Stadtzentrums. Es zeigt den Kampf der damals so benannten Arbeiterklasse mit ihren Führern Marx, Engels, Thälmann und Ulbricht für eine gerechtere Welt, indirekt aber auch die gewaltbereite Unbedingtheit der revolutionären Führer, ihre Ideen mit staatlichem Terror durchzusetzen.
Dennoch: müssen wir uns, als nachwachsende Ostgenerationen, der Visionen und Irrtümer einer eigenen Ostgeschichte schämen und uns ihrer alsbald entledigen, in dem wir sie in den Hinterhof abstellen?
Es sind eine Menge ehrliche Träume unserer Eltern und Großeltern dabei.
Aber auch der desaströse Untergang am Schluss des doktrinären Systems sollte in einer neuen Ostalgiewelle, von der sich auch so manch verkrustete Altlinke aus den sogenannten "Altbundesländern" mitreissen lassen, nicht verdrängt werden. (Das Land Sachsen ist weiß Gott älter als so manches künstliche, von den Westalliierten neu zusammengelegte Bundesland der alten BRD.)
Gerade künftigen Europäern könnte also dieses Kunstwerk zum "Weg der roten Fahne" Denkanstoß über Deutschlands Geschichte und ihrer linken Flanke sein. Deshalb sollte das Wandbild sichtbar bleiben.
Anbei eine erste, Skizze. (August 2004 - Thomas Kantschew)



2017: Nach der beendeten Sanierung des Kulturpalastes ist auch das Wandbild nun wieder komplett zu sehen. Das Sicherheitsnetz gegen herabfallende Teile wurde entfernt und das gesamte Wandbild von Studenten der Kunsthochschule saniert. Leider wird das Kunstwerk in wenigen Jahren kaum noch zu sehen sein, denn die davor gepflanzten Bäume werden einen uneingeschränkten Blick darauf verhindern.




Strahlend präsentiert sich der rundum renovierte Kulturpalast zum Altmarkt hin. Foto: T.Kantschew
Mai 2017, Vergrößerung