Flughafen Dresden International
Nachhaltige Nutzung einer historisch bedeutsamen Industriehalle

 

Architekten: Planungsgruppe Blees & Kampmann/ München
(Heinz Blees, Niels Kampmann, Bruno Beck, Doris Schaumann)
Bauzeit: 1998 - 2001
Original-Bauzeit:   1955 - 57 
Halle 219 zur Flugzeugherstellung
Adresse: Flughafenstraße

Der neue geräumige Flughafen befindet sich seit 2001 in einer ehemaligen Industriehalle, in dem Ende der 1950er Jahre das Turbinen-Verkehrsflugzeug 152 produziert wurde. Dieser Hangar war einst eine der größten pfeilerlosen Hallen der DDR.
Dresden war ab 1955 zum Zentrum der DDR-Luftfahrtindustrie bestimmt worden. 1955 - 57 wurde dazu diese Halle 219 innerhalb des Projektes Entwicklungswerk 801 als Hangar errichtet, neben drei anderen Hallen. Nach der erfolgreichen Produktion des Prototyps ging der Flugzeugbau des turbinengetriebenen Flugzeuges 152 jedoch aus verschiedenen Gründen nicht in Serie. Die helle lichtdurchflutete Halle wurde ab 1962 als Werkstattgebäude genutzt.


Flughafenhangar 1959   -   jetzt: Terminal Airport Dresden


Neuer Terminal mit außergewöhnlicher historischer Industriearchitektur


Die Aufgabe bestand nun, diese direkt am Flugfeld liegende Halle mit seiner historischen Bausubstanz nachhaltig umzubauen. Man kann behaupten, diese Aufgabe ist hervorragend gelungen. Während mit den Stirnseiten in Glas, Metall-Lamellen und ziegelroten Keramikfließen eine ansprechende Gegenwartsarchitektur entstand, konnte die alte Industriearchitektur im Inneren gut ablesbar erhalten werden. Die genieteten Stahlträger - das Grundgerüst der Halle - stammen original aus den 1950er Jahren. Sie bilden mit der sehr gut erhaltenen tragenden Stahlbetonkonstruktion den eigentlichen Blickfang der modernen Halle. Industriell Archaisches korrespondiert mit den sichtbar ausgestellten technischen Funktionen von Klimatisierung, Entlüftung etc. Auch die Bodengestaltung strahlt mit den hellen Streifen und dem mattiertem Glanz des Belages vornehmes Understatement aus.



Flughafenhalle - ehemalige Industriearchitektur der DDR, Foto: TK 2024

Die zurückhaltend modern gestaltete Innenarchitektur verschont die lichte Weite und Großzügigkeit der Halle wohltuend von größeren Beeinträchtigungen. Dadurch bleibt die überraschender Raumfülle gewahrt (Ausdehnung der Halle: 170 x 150 Meter, Höhe: 25 Meter). An das Mittelschiff gliedern sich noch zwei niederigere Seitenschiffe für Warteräume, Büros und operative Dienste an.
Insbesondere die große gläserne Panoramaterrasse am oberen Ende der Halle ist ein Glücksfall im Sinne der vielbeschworene Transparenz des inzwischen überstrapazierten Materials Glas, denn hier geben die Riesenfenster tatsächlich einen hinreißenden Blick in die liebliche Landschaft bis Moritzburg oder dem neuen Elektronik-Chip-Werk von AMD frei.

Die Deckenkonstruktion besteht aus der Grundstruktur des Vorgänger- Sheddaches, bei dem nach Nordwesten angeordnete Glasfenster Tageslicht in die Halle fließen lassen. Große Teile der vorhandenen Stahlkonstruktion konnte dafür wieder verwendet werden. Zum Einsatz kamen dann Pfosten-Riegel-Lichtdächer (Aluminium).


Originalteile der Stahlkonstruktion während des Umbaus 1999/ 2000
Durch das Einziehen einer Zwischendecke sind die sehr hohen Stahlbetonpfeiler in ihrer Gesamthöhe heute nicht mehr einsehbar.


Freundliches Farbkonzept

Erstaunlich heiter auch das Farbkonzept: Das heute allgegenwärtige Anthrazit-Gau wird aufgelockert durch den warmen roten Ziegelton der Industriekeramik-Verkleidung. Innen gibt es helles Grau mit leuchtend frischen Farbakzenten in Grün und Rosa.
Die Kombination der Farbtöne und die behutsame Verwendung von Farbe überhaupt ist sehr positiv zu erwähnen.

Außen besticht eine futuristische gläserne "Sky-bridge" als Verbindungsgang zum großen Parkhaus in gleicher Architektur- und Farbsprache. Im Tiefgeschoss des neuen Flughafens wurde zudem extra ein neuer S-Bahnhof für den Airport-Shuttle geschaffen, welches das Konzept der kurzen Wege zur Bündelung an diesem Verkehrsknotenpunkt für ca. 1,5 Mio Fluggäste jährlich bestens umsetzte.


Gläserne Brücke vom Parkhaus zum Terminal, Foto: TK 2024, Vergrößerung


Konkurrenz durch Leipzig

Die sächsische Elbmetropole hat trotz großer Konkurrenz in Leipzig als Luftfahrtstandort gute Karten. Denn hier befinden sich auch die zum europäischen Aviatik-Riesen EADS gehörenden Elbe Flugzeugwerke, in denen Passagier-maschinen zu Frachtflugzeugen umgebaut werden. Ein weiterer grosser Hangar auf dem Flughafengelände gehört der IMA Materialforschung und Anwendungstechnik GmbH. Hier werden Belastungsproben für neue Flugzeugtypen durchgeführt.



Gegenläufige Spiralrampe im angrenzenden Parkhaus am Airport - Mobilitätsangebote. Foto: TK 2024 - Vergrößerung


Links:

Hangar 219 vor dem Umbau mit der besonderen Tragkonstruktion:
www.deutsche-digitale-bibliothek.de  (Fotos 1997)

Hintergründe zum  Flugzeug-Serienwerk 803 in Dresden Klotzsche -  von Holger Lorenz (Chemnitz)

Literatur:

Jan Gympel: Umnutzung, wo Abriß die Regel ist: Dresden, Hangar "Halle 219": 1957; 1998-2001 Umbau zum Terminal, in: Schrittmacher des Fortschritts - Opfer des Fortschritts? : Bauten und Anlagen des Verkehrs, (1999) Seite 131-132

 Jessica Hänsel: „Industriearchitektur der DDR. Die Arbeit der VEB Industrieprojektierung“, TU Berlin Promotion 2021


Flughafen Eingang
Foto: Oliver Steimann
Blick in die umgebaute Halle
Einbezogene Konstruktion von 1957

Großartiger Raumeindruck




Sheddach des alten historischen Flughafenhangars von 1957 - wieder benutzt in der neuen Airport-Halle, Foto: TK 2024 - Vergrößerung