Wiener Platz:     Flächengestaltung + Tiefgarage
Ein Platz fürs 21. Jahrhundert

 

Architekt: __Heinle, Wischer und Partner &
___ ___ __._Siegbert Langner Hatzfeldt
___ ___ __._www.langner-von-hatzfeldt.de
Bauzeit: ___2002 - 04
Städtebau: _1993, Mronz & Kottmaier (Köln)
Adresse:.
__ Wiener Platz / Prager Straße


Hier ist die Zukunft: Bewegung, Mobilität und - Ruhe

Bereits in den 1940er Jahren war eine großangelegte Umgestaltung und Modernisierung des Wiener Platzes von Stadtbaurat Paul Wolf geplant, kam aber nicht mehr zustande. Nach dem II. Weltkrieg sollte sich der Wiener Platz ganz den gigantischen Verkehrsplanungen mit autobahnähnlichen Trassen, wie sie z.B. tatsächlich in Halle um 1970 vor dem Bahnhof errichtet wurden, unterordnen.
Zum Glück konnten in Dresden diese Autowahnträume aus Geldmangel nie verwirklkicht werden. Nach 1990 steht nun der Mensch wieder im Mittelpunkt der Planungen. Mit einem Millionenaufwand wurde in den 90ern der Ost-Westverkehr untertunnelt und ruhender Autoverkehr "verschwand" in ein unterirdisches Parkhaus. Erst im neuen Jahrhundert können jetzt allmählich die Früchte dieser langfristigen Planung geerntet werden: Dresdner bekommen einen Platz zum Leben - ohne Feinstaub, Autolärm und -gestank.


Wiener Platz - Entree Dresdens

Dieser neue Platz ist der zentrale Verkehrsknotenpunkt der Stadt. Auf verschiedenen, miteinander verbundenen Ebenen werden Eisenbahn, Auto- und Busverkehr, Straßenbahn, Fahrrad- und Rollstuhlverkehr miteinander vernetzt.
Eine große Erleichterung zur Verknüpfung von automobilen und öffentlichen Verkehr ist die zentrale Tiefgarage. Entgegen der sonstigen nachlässigen Bauqualität von Parkhäusern ist die Tiefgarage Wiener Platz wirklich gelungen. Nichts von dunklen Angst-Räumen ist da auf zwei Etagen entstanden. Durch formschöne ovale Glasflächen, inmitten von Wasserflächen gelegen, fällt helles Tageslicht in alle Tiefgeschossebenen. Eine kleine unterirdische Einkaufs-passage leitet umsteigende Passanten in den neuen Hauptbahnhof von Foster, (wenn sie nicht seit Jahren komplett zugemauert wäre).

Auch die Stadtmöbel auf dem Platz, wie Eingangstor zur Tiefgarage, DVB-Fahrkartenhäuschen, Haltestellen- Überdachung, Bänke und Beleuchtung verbinden Funktionalität mit gutem Design. Alles wirkt, dem Zeitgeist gehorchend, leicht, gläsern, luftig und schwerelos - ganz im Gegensatz zu den schweren Betonmassen, die in der Tiefgarage sonst stecken. Zum ökonomischen Aspekt muss man allerdings konstatieren, daß das viele Glas dem Betreiber im allgemeinen durch regelmäßige Reinigung erhebliche Kosten verursacht.


Keine Wasserspiele mehr, da die Anlage seit Jahren defekt ist. Fotos: TK 2005


Stadtmodell Wiener Platz Dresden nördlich vom Hauptbahnhof. Foto: T.Kantschew 2021, Vergrößerung


Freundliche Platzgestaltung

Die architektonische Gestaltung des Platzes hatte neben Herrn Hatzfeldt das Architekturbüro "Heinle, Wischer und Partner" inne. Dessen philosophisches Chredo lautet: "Geschichte und Kultur des Ortes zu respektieren, Bedürfnisse derer, für die gebaut wird, zu erkennen und ökologische und ökonomische Bedingungen zu beachten".
Dieser eher funktional als kulturell gedachte Anspruch ist in großen Teilen am neuen Wiener Platz gelungen. Dem Architektenteam gelang es durchaus,
mit Platzgestaltung und Tiefgarage, den funktionalen Anforderungen eines modernen Großstadtplatzes zu genügen und sie in eine ästhetisch befriedigende Form zu bringen.
Auch wenn es in Dresden mehr als ein Jahrzehnt dauerte, am Ende scheint für Bewohner und Gäste der Stadt ein wirklich gelungener Stadtplatz im Entstehen zu sein.
„Ein Versuch, das königliche Dresden in seiner Zartheit in die Moderne zu übertragen“, interpretiert der adlige Architekt Siegbert Langner von Hatzfeld seinen eigenen Entwurf zum Wiener Platz. Wie sich dessen gläsern- leichte Luftigkeit mit den kulturellen und politischen Äußerungen der Gesellschaft von morgen verträgt, wird die Zukunft zeigen.


Der Boden unter uns: ruhende graue Fläche

Der neue Bodenbelag des Bahnhofsvorplatzes ist mit monochromen grauen Granitplatten ausgelegt, welche weder durch Farbakzente noch durch verschiedene Musterung weiter ausgestaltet wurde. Ein Verzicht auf jegliches dekorierende Design als radikale Reduktion ist in deutschen Städten am Beginn des 21. Jahrhunderts ästhetisches Leitbild geworden. Während noch um 2000 europäische Plätze postmodern verziert wurden, könnte man diese derzeitige ruhende Leere als krasse Reaktion auf die mediale Reizüberflutung unzähliger Massenmedien und die allgemeine Hektik in unserer Gegenwart deuten. Allerdings auch als eine gewisse Ratlosigkeit.
Das Schweigen des Bodens hat durchaus etwas Beredsames. Es kann nach so vielen aufgepressten Ideologien als bedrohliche Leere ohne Inhalt empfunden werden, aber genauso gut auch als befreiender Neuanfang - wie ein leeres, unbeschriebenes Blatt. Je nach dem.


Noch kein Kunstwerk auf dem Platz

Was man nach aber ganz stark vermisst als Willkommensgruß in der Kunststadt Dresden ist KUNST. Kein einziges Kunstwerk stimmt die Besucher, vom Bahnhof kommend, auf das besondere Flair in Dresden ein. Aber das ist wohl keine Schuld der Architekten, sondern eher von Stadtplanern und zuständigen (?) Kunstkommissionen. Vielleicht weiss S.L. Hatzfeld, als ehem. Vorsitzender der Kommission für Kunst im öffentlichen Raum in Dresden, Rat. Vielleicht aber auch die legendär selbstbewußten Bürger der Stadt selbst, die am Beginn eines Dresdenparcours vielleicht Aussagen über das Besondere ihres Gemeinwesens in der Verflechtung mit einem neuen Europa machen wollen. Eine Diskussion hierüber wäre fruchtbar.


Verweile doch ...

Ein dynamischer und zugleich ruhiger Stadtplatz lädt in Zukunft zum Aufenthalt, die Unrast der Zeit bremsend. Er wird nicht nur ein Ort hastenden Umsteigens, sondern auch einer des entspannten Bleibens im Sinne von just be in the present.

Als prägnante Visitenkarte wird der Wiener Platz demnächst für Dresden und das Typische der Stadt werben. Dieser Raum stimmt Ankommende wie Abfahrende auf den eigenwilligen Reiz der Elbestadt ein - mit einer anziehenden Mischung aus Sentiment und Moderne, aus Gelassenheit und Beweglichkeit, Esprit und Wissenschaft.

Welcome in Dresden!

Webseite der Architekten zum Wiener Platz:

www.heinlewischerpartner.de

Die Architekten bauten auch die niedrigen Geschäftshäuser Prager Straße 7 und 11 um.

Weitere Werke in Dresden:
Medizin-Theoretisches Zentrum (Uniklinikum) - 2000
Kinder- und Frauenklinik (Uniklinkum) - 2003
Giraffenhaus im Dresdner ZOO - 2009
Neubau Pinguincafe ZOO Dresden - 2018

 

Fragment Wiener Platz 2018

Der Wiener Platz ist 2018 immer noch nicht vollständig bebaut. Inzwischen ist zwar die große Baugrube "Wiener Loch" verschwunden und an der Stelle die Wohnhausgruppe  "Prager Carrée" errichtet worden. An der Westseite des Platzes gähnt jedoch seit Jahren weiter eine Stadtbrache. Hier sollte eigentlich der neue Busbahnhof ZOB errichtet werden, aber auch dieses Vorhaben ruht und ruht. Konkretere Pläne gibt es für die Bebauung der Ostseite der Platzes. Auf der Grundlage des Siegerentwurfs des Hamburger Büros "bof architekten" wird ein neuer Bebauungsplan erstellt.
(Städtebaulicher Wettbewerb 2017)

Doch der öffentliche Raum des Platzes selber benötigt dringend mehr Zuwendung. Weder ist der Platz vollständig gestaltet worden, vor dem Hauptbahnhof schreckt immer noch eine provisorische Asphaltdecke ab. Noch gibt es genügend aufgestellte Fahrrad-Abschließmöglichkeiten.
Das ehemalige Kino ruht im Dornrösschenschlaf und die unterirdische Passage zum Bahnhof ist vermauert. Ebenso ist die Wasserspielanlage am Platz seit langer Zeit defekt und wird nicht repariert. Eine Menge Aufgaben wären hier zu bewältigen, um die Aufenthaltsqualität des Platzes zu erhöhen.

Geplanter Umbau 2019

Maßnahmen zur Suchtprävention – Belebung des Umfeldes und Verbesserung der Aufenthaltsqualität (PDF) vom Stadtplanungsamt Dresden
Pressegespräch vom 12. September 2019 - Ausführendes Büro für den Umbau: Rehwaldt-Landschaftsarchitekten Dresden.  Voraussetzung des Umbaus wäre die Sanierung des Hauptbahnhofes - Baustart 2023.
 
Wiener Platz Ostseite: viel Wiese, viel Platz für Zukunft,  Foto: TK 2018, groß