Laborgebäude Natur- und Ingenieurwissenschaften
Wissenschaftliche Klarheit & edle Materialien

 
Architekt:




Bauherr:
  Burger Rudacs Architekten (Birgit Rudacs und Stefan Burger) München

http://burger-rudacs.de

Staatsbetrieb SIB, NL Dresden II

Kunst mit dem Bau:

  Arend Zwicker
Bauzeit:   2002/ 03
Adresse:   Andreas Schubert Straße/ Ecke Schnorrstraße


Vielfalt, Heterogenität, Pluralismus

Das neue Laborgebäude ist Bestandteil des Campus' der Hochschule für Technik und Wirtschaft um den Friedrich-List-Platz nahe dem Dresdner Hauptbahnhof. Die hier befindlichen "Altbauten" der ehemaligen Verkehrshochschule aus den Spätfünfziger Jahren, insbesondere der Trakt an der Hochschulstraße sind durch einen etwas kurios wirkenden, vierspielt neobarocken Zierat gekennzeichnet. Neben dieser Folie fällt der klare, unprätentiöse Neubau an der Ecke Andreas Schubert-/ Schnorrstraße angenehm auf. Was für ein spannungsvoller Kontrast zweier unterschiedlicher Welten! Auf der einen Seite die betont heimatlich verwurzelte, volksnahe Architektursprache der 50er - daran direkt andockend das kühle Understatement eines ideologiefreien jungen Stylings, welches in Zeiten globalisierter Forschung an dieser Stelle Regionalität nicht mehr zu thematisieren braucht. Der unangepaßte Kontrast setzt jedoch auf Toleranz und Pluralität, welche letztlich Ausdruck unseres heutigen Zeitgefühls ist.
Nicht nur in diesem Stadtbezirk ergeben die verschiedenen Schichten einer oft widersprüchlichen Stadtgeschichte eine produktive Reibung.

Kühle Sachlichkeit und vornehmer Minimalismus

Das kubische, L-förmige Laborgebäude, bestehend aus einem zwei- und einem vierstöckigen Gebäudeflügel besticht durch klare Rationalität, die durch seine eindeutige Funktionalität als Laborgebäude keine weitere künstlerische Aufwertung benötigt. Der Verzicht auf jegliches spielerische Beiwerk wirkt sogar erfrischend. Das Gebäude strahlt insgesamt eine wohltuende Unaufgeregtheit aus, die an die meditative Ruhe traditioneller japanischer Ästhetik erinnert. Ein gerade in seiner Einfachheit und Bescheidenheit sehr erfreulicher Bau, welcher das zerklüftete Erscheinungsbild der Südvorstadt auf angenehme Weise belebt.
Für Dresden immer noch ungewöhnlich: der Gebäudetrakt zur Schnorrstraße ist luftig in die Höhe aufgeständert. Das Erdgeschoss wurde hier einfach wegelassen. Damit ist neben der nötigen Einfahrt zur Anlieferung im Tiefgeschoss eine erstaunliche Leichtigkeit des "schwebenden" Baukörpers erreicht worden.

Das Haus ist ein vortreffliches Beispiel der 3. Moderne, die sich nach den z.T. erschreckenden ästhetischen Verirrungen der Postmoderne in den 80er und 90er
Jahren wieder eine stärkeren Ernsthaftigkeit zuwenden will.

Materialien: sauber und elegant verschalter Sichtbeton der schmalen Stützen, spiegelnder, glasartiger Kunststoff als Fassadenverkleidung, Glas, archaische Steinbrocken als Gestaltungselement der Zulieferungsrampe.

Farben: Schwarz, Silber, neutrales Grau, zurückhaltendes Graugrün - welches ganz den wissenschaftlichen Charakter des Forschungs- und Laborgebäudes unterstreichen.

Innen: Ein präzise Ordnung ausstrahlendes Atrium mit klarer Gliederung stellt die Studierenden in eine Atmosphäre konzentrierter Ruhe. Der schimmernde Glanz einer besonderen Bodengestaltung verleiht dem Innendesign zusätzlich eine vornehme Note.

Kunst mit dem Bau:
Einziges schmückendes Element stellt die neonblaue abstrakte Lichtinstallation im überdachten Innenhof als künstlerisches Beiwerk dar. Sie stammt vom Dresdner Lichtkünstler Arend Zwicker. Uber drei Geschossebenen strahlt eine stilisierte Skala aus LED-Lichtleistenmodulen - oberflächenbündig eingelassen. "Sie steht als verbindendes Symbol für die Problematik der Maßfindung in Wissenschaft, Architektur und Kunst" - so der Künstler auf seiner Homepage: www.lichtkunst.org.

Vorplatz: Unkonventionell und erfrischend anders auch: die qualitätsvolle Vorplatzgestaltung mit Bankflächen, aus denen durch ausgesparte Hohlräume Birken emporwachsen. Leider scheint das Holz der Sitzbänke nicht genügend mit Schutzmitteln behandelt, da es jetzt bereits sichtbare Schadstellen aufweist.

Ausführende: Staatsbetrieb Sächsische Immobilien-und Baumanagement (SIB)



Sehnsucht nach Einfachheit


In einer reizüberfluteten, hektischen Medien- und Informationsgesellschaft, die nach dem Epochenwechsel 1989 auf unserem Kontinent und nach dem 11.September 2001 weltweit alle Gewißheiten hinter sich gelassen hat, erwächst das Bedürfnis nach neuer Einfachheit. Eine ausladend komplexe Architektur mit starker Bildzeichen-haftigkeit wird in diesem Trend als störend empfunden. (Eindeutige Sinnbilder einer allgemeingültigen Weltsicht sind eh kaum noch auszumachen.)
Das Laborgebäude von Burger Rudacs Architekten kommt dieser Sehnsucht nach reduzierter Schlichtheit in vielerlei Hinsicht entgegen, ohne banal zu werden.



Zur Architekturentwicklung um die Jahrhundertwende 2000

"Die anthropologische Sehnsucht nach Ausgewogenheit und Ausgeglichenheit provozierende Ende der neunziger Jahre angesichts überbordender farbig-unruhiger Mehrfachcodierung die Forderung nach Rehabilitierung des Einfachen - als eine "Modernität des Dauerhaften". Von kosmopolitischer Position aus wieder das Regionale in seinem Wert entdecken, Komplexität reduzieren, aber nicht simplifizieren, Genauigkeit ohne Kälte 'beherzigen', Überschwang zügeln, den humanen und urbanen Bedürfnissen anmutende Gehäuse schaffen - die Post-Postmoderne, kulturökologisch sensibilisiert, setzte auf den Wert der Schlichtheit. Diese Einfachheit werde eine ganz andere sein als jene, welche die Abstraktion der Avantgarde anvisiert hatte: nicht durch ehrgeiziges Kunstwollen heraus- gebildet, sondern durch die Tradition des Gebrauchs, nicht von einer vorgefaßten Vorstellung von Form hervorgebracht, sondern von der Kondensierung der Antworten auf zahllose Bedüfnisse und Wünsche." (aus: Hermann Glaser: Deutsche Kultur 1945 - 2000, Wien 1997)


Dresden ist im Jahr 2006 "Stadt der Wissenschaft"

Auch dies wird sich künftig noch mehr in der Architektur der sächsischen Landeshauptstadt widerspiegeln. Besonderes Charakteristikum Dresdens ist die besondere Vernetzung von Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur.

Dresden. Stadt der Wissenschaft.
Wo Elemente sich verbinden

siehe auch: www.dresden-wissenschaft.de